Feuerwehrauto (nach dem Märklin-Anleitungsbuch)
Das Modell ist nach meinem Empfinden sehr schön und ausgewogen, und ich wollte es immer schon nachbauen. Besonders reizte mich die Funktionalität, vor allem die ausziebare und drehbare Leiter. Ein weiterer Anreiz war der klassische Oldtimer-Look des Modells.
Aber ich zögerte lange, mit dem Nachbau zu beginnen. Dass das Modell einige Schwierigkeiten enthielt, war mir schon klar, doch das größte Handicap war die unübersichtliche Anleitung. Das folgende Bild vermittelt einen Eindruck:
Ich musste lange die Bauanleitungen studieren und viele Löcher zählen, um die Konstruktion halbwegs zu durchschauen. Dabei wurde bereits deutlich, dass vieles nicht so funktionieren konnte wie es in der Anleitung dargestellt wurde. Mein Ziel war aber, ein rundum funktionierendes Modell zu bauen. Veränderungen wollte ich gerne in Kauf nehmen, nur das Gesamterscheinungsbild mit den originalen Proportionen sollte weitestgehend erhalten bleiben.
Es war ein hoch gestecktes Ziel, und im Nachhinein kann ich feststellen, dass es mit Abstand das schwierigste Modell ist, das ich je gebaut habe. Eine Teile mussten, nachdem ich merkte, dass es nicht funktionierte (nicht funktionieren konnte), komplett neu konstruiert werden. Trotz oder wegen der Probleme lernte ich eine Menge, auch über den materialgerechten Umgang mit den Bauteilen.
Über das Chassis und die statischen Aufbauten möchte ich mich hier nicht auslassen, sondern stattdessen gründlicher auf die einzelnen Funktionsbereiche eingehen. Es waren im wesentlichen vier Bereiche:
- Die Lenkung,
- die Leiter mit dem Ausziehmechanismus,
- die Vorrichtung zum Kippen der Leiter,
- die Vorrichtung zum Drehen der Leiter
Die Lenkung
Die Lenkung war der einzige Funktionsbereich, bei dem ich gar nicht erst versucht habe, ihn 1:1 nach der Anleitung umzusetzen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das halbwegs sicher funktionieren würde. Da stimmte kaum etwas, die Räder wurden asymmetrisch ausgelenkt (zur einen Seite stärker als zur anderen), die Lenkachse konnte nicht gelagert werden, ohne ein Loch auszubohren, die Räder waren im Verhältnis zum erwarteten Gewicht des Modells viel zu "schlackerig" gelagert. Und dann noch folgendes: Wenn man das Lenkrad nach links drehte, steuerte das Modell nach rechts. Als ich das merkte, war Schluss mit dem anleitungsgetreuen Nachbau, und ich konstruierte die Lenkung komplett neu.
Damit diese Halterung wirklich stabil ist, wurden die Lochbänder doppelt genommen und die Führungsbügel mit Lochbändern versteift. Leider ist das in der Abbildung kaum zu erkennen.
Die folgenden Bilder zeigen die recht stabile Konstruktion der Radlagerung mit Doppelspurstange. Zwei Lagerböcke sorgen dafür, dass die Radachsen möglichst wenig schlackern.
Die ganze Vorrichtung ist mit langen Schrauben relativ weit gelagert. Da die Gewindeschrauben in den Löchern ziemlich viel Spiel haben, wurden zusätzlich 2-Loch-Bänder aufgeschraubt, und zwar ein wenig versetzt. (siehe roten Pfeil)
Die Radaufhängung hat sich als hinreichend stabil erwiesen. Das einzige, was das äußerst schwere Modell zum Schlackern brachte, waren die sehr weichen Reifen, die zudem nicht allzu stramm auf den Felgen saßen. Aber darauf hatte ich ja keinen Einfluss.
Die nebenstehende Abbildung lässt erkennen, wie die Zahnräder angeordnet sind. Die doppelte Übertragung ist erforderlich, um die richtige Drehrichtung zu erhalten. Insgesamt ergibt sich eine angenehme Übersetzung. Man kann trotz des erheblichen Gewichtes recht feinfühlig und leicht steuern, ohne wie wild am Lenkrad kurbeln zu müssen.
Wichtig ist, dass die beiden Universalzahnräder sauber und möglichst spielfrei ineinander greifen.
Zum Schluss ein pfiffiges Detail. Eine Lenkung muss immer gewartet werden können. Es kann ja z.B. passieren, dass sich eine Stellschraube löst. Außerdem kann ein Tröpfchen Öl von Zeit zu Zeit nicht schaden.
Der langen Rede kurzer Sinn: Die Motorhaube muss abnehmbar sein. Ich bin einen Schritt weitergegangen und habe sie mit zwei Scharnieren hochklappbar gemacht.
Die Abbildung lässt ferner erkennen, dass ich die Stroßstange viel schlichter als in der Anleitung gestaltet habe. Ich weiß nicht, wie die alten Feuerwehrfahrzeuge aussahen, aber in der Anleitung schien mir das alles überzogen zu sein, mit den Haken und sonstigem Gedöns.
Die Leiter
Bei der Konstruktion der Teleskopleiter habe ich mich weitgehend nach der Anleitung gerichtet, obwohl es zuerst an allen Ecken und Kanten hakte. Damit sich die Leiter einwandfrei aus- und einfahren lässt, müssen die drei Teile leicht, aber ohne viel Spiel ineinandergleiten. Ist an der falschen Stelle auch nur 1 mm zu viel Luft, dann klemmt die ausgefahrene Leiter und gleitet nicht mehr nach unten. Ich habe etwa 80 Unterlegscheiben benötigt, um die Leiter funktionsfähig zu bekommen.
Sie enthält einige technische Mängel, die ich aber nicht beseitigen konnte. So fehlen im Mittelteil die Sprossen. Ich glaube auch nicht, dass es dafür eine einfache Lösung gibt. Ein anderes Manko: Beim Einziehen der Leiter rutschen das Mittel- und Oberteil durch die Schwerkraft nach unten. Es leuchtet ein, dass das nur funktionieren kann, wenn die Leiter ziemlich steil steht.
Trotz allem ist das Ausfahren der Leiter ein kleines Erlebnis. Das Mittelteil wird über einen Seilzug herausgezogen; gleichzeitig bewegt sich das Oberteil aus dem Mittelteil heraus. Ich muss gestehen, dass ich erst durch dieses Modell dahinter gekommen bin, wie diese Teleskopwirkung zustande kommt.
Die Vorrichtung zum Ausfahren der Leiter ist simpel, hat aber einen Nachteil. Natürlich muss die Seiltrommel (eine einfache Welle) gesichtert werden. Dazu dient im Original ein kleine Sperrklinke. Abgesehen davon, dass eine Sperrklinke, die durch ihr Gewicht in das Ritzel greift, ohnehin nicht sehr sicher ist, kommt noch der Umstand hinzu, das bei steiler Leiter das Gewicht der Sperrklinke kaum noch wirksam werden kann.
Eine Zugfeder (links oben noch zu erkennen) drückt die Klinke zuverlässig und verzögerungsfrei auf das Ritel. Die Klinke wird durch einen Achshalter gebildet. Der recht lange Arm zum Lösen der Sperrklinke ist sehr komfortabel zu bedienen.
Die Vorrichtung zum Kippen der Leiter
Das war sicherlich die härteste Nuss. Schaut man sich die Abbildung im Anleitungsbuch an, dann scheint alles durchdacht zu sein:
Aber das ist nur einer der offensichtlichen Schwachpunkte. Der andere ist noch viel gravierender. Das Zahnrad überträgt die Kraft auf eine Achse und von dort aus ohne großartige Untersetzung über die Zahnkränze auf die Leiter. Man muss sich einfach mal die Hebelwirkung vorstellen. Es reicht eine schlicht Überschlagsrechnung: Das Drehmoment am Stellring des Zahnrads ist etwa 200 x so groß wie das Drehmoment der Leiter. Bei eine Leitergewicht von rund 1 kg kann man sich denken, dass hier zwei Stellschrauben hoffnungslos überfordert sind.
Trotz allem wollte ich der Konstruktion eine Chance geben. Ich kam nicht dazu, denn als ich die Leiter fertig hatte und beidseitig an den Zahnkränzen hielt, drehten sich die blauen Tellerräder in den Zahnkränzen. Dabei war die Leiter noch nicht mal ausgezogen. Ich baute um und verwendete größere Tellerräder - es nützte auch nichts. Dann baute ich mit viel Aufwand kleine Sperren ein, die das Rutschen der Zahnkränze verhindern sollte. Nun war dieses Problem gelöst, doch das oben beschriebene Problem der Kraftübertragung war nicht in den Griff zu bekommen. Ich habe beidseitig ein großes Zahnrad auf die Achsen geschraubt und versucht, die Leiter daran zu halten. Aussichtslos!
Nach einigem Grübeln entschied ich mich, die Leiter mit einem Seilzug hochzuhieven. Um die Optik zu erhalten, baute ich wieder die kleineren Tellerräder wieder ein, nun ohne Funktion.
Das Seil zog das kurze, hinten herausragende Stück der Leiter. Die beiden Universalzahnräder wurden nicht stark belastet, da sie am kraftärmeren Ende des Getriebes lagen. Somit funktionierte die Vorrichtung ordentlich - fast. Der Druck des Zahnrades auf den Gewindegang der Schnecke war nämlich so stark, dass infolge der Reibung ein normales Hochkurbeln nicht möglich war. Man musste die Kurbel wie einen Knebel fassen und Stück für Stück weiter drehen, so wie man früher einem Wecker mit Federuhrwerk aufzog.
Diese immense Reibung war nicht tragbar, und somit begann das Nachdenken aufs neue. Manchmal ist man ja blockiert und kommt nicht auf das Naheliegende - bis auf einmal doch der Groschen fällt. Der Groschen, das war ein simpler Flaschenzug, allerdings mit 10 Rollen.
Es waren wirklich 10 wirksame Rollen, die elfte diente nur zum Umlenken des Seils.
Das Ergebnis der erneuten Umbaumaßnahme war eine absolut saubere Funktion. Die Übersetzung stimmte, die Leiter ließ sich mit relativ geringem Kraftaufwand hochdrehen, ohne andererseits viel kurbeln zu müssen. Die Schnur hatte jedoch die beträchtliche Länge von 4 m, was in der Abbildung nicht unbedingt zu erkennen ist.
Zuerst befürchtete ich, dass bei der ernomen Seillänge die Elastizität der Schnur eine Rolle spielen könnte. Die Folge davon wäre ein Wippen und Nachfedern der Leiter gewesen. Nichts davon! Der Flaschenzug verteilt die Kraft auf die einzelnen Schnurabschnitte, und diese werden infolgedessen auch praktisch nicht gedehnt.
Ein schnellen Herunterfallen war überhaupt nicht möglich, weil sich das Gummi-Bremsrad äußerst schnell drehte. Es musste erst mal in Schwung kommen, war aber andererseit schon durch leichten Druck des Flachbandes zu bremsen.
Die Vorrichtung zum Drehen der Leiter
Das war ein weiterer, absoluter Schwachpunkt der Originalkonstruktion.
Ich habe versucht, das Beste aus der Konstruktion zu machen, indem ich zum einen die wesentlich (!) stabileren Tellerräder von Metallus einsetzte, zum anderen die Rollenkonstruktion stabiler auslegte. Infolgedessen funktionierte nun der Drehteller einigermaßen.
Doch der Mechanismus hatte eine weitere Schwäche, und zwar unterhalb der Plattform. Angetrieben wurde das Ganze nämlich wiederum mittels Schnecke und Zahnrad. Bei den ernormen Belastungen durch die schwere Leiter kam es trotz des verbesserten Drehtellers immer wieder dazu, dass die Schnecke übersprang, manchmal sogar keinen Kontakt mehr zum Zahnrad hatte. Brachte ich Schnecke und Zahnrad dichter zusammen, wurde mitunter die Reibung unerträglich groß, ohne dass dadurch das Überspringen zuverlässig vermieden wurde. Ich musste einsehen, dass diese Vorrichtung nicht zu halten war.
Im Grunde gab es nur eine brauchbare Alternative, nämlich eine zusätzliche Lagerung der senkrechten Achse, und zwar oberhalb! Dann war der direkte Antrieb der Leiter über einen Zahnkranz möglich, und die Vorrichtung konnte reibungsarm arbeiten. Die Achse selbst brauchte nicht mal drehbar zu sein, sondern konnte fest eingespannt werden.
Die Nachteile sind offensichtlich: Zum einen sieht die Verstrebung nicht gerade schön aus, zum anderen lässt sich die Leiter nur noch um etwa 270° drehen. Aber drehen lässt sie sich, und zwar zuverlässig.
Natürlich musste unterhalb des Chassis einige umgebaut werden, doch das war kein Problem.
Und doch war noch nicht alles optimal, denn Leichtgängigkeit hat ebenfalls ihren Preis. Die Leiter schwingt nach und reagiert sensibel auf das unvermeidliche Spiel beim Antrieb. Um das zu vermeiden, dachte ich zunächst an eine Bremse, also an so etwas wie eine künstlich erzeugte Reibung. Das hätte erneut größere Umbaumaßnahmen erfordert, und weil ich inzwischen vom Umbauen die Nase voll hatte, griff ich zu einer Notlösung: Mittels einer Kurbel konnte eine Schraube in den Zahnkranz gedreht werden und so die ganze Vorrichtung zuverlässig sperren.
Ich denke, die Drehvorrichtung macht deutlich, dass manches mit dem vorhandenen Material nicht möglich ist. Ein solider Drehteller, natürlich kugelgelagert, würde die Möglichkeiten erheblich (!) erweitern. Damit könnten wirklich brauchbare Bagger- und Kranmodelle konstruiert werden. Auch das eine oder andere Karussel würde profitieren. Aber Märklin hat über Jahrzehnte hinweg nichts Innovatives mehr in die Metallbaukästen eingebracht.
Blick auf das gesamte Modell
Keine Frage, das Modell ist sehr schön, und soweit das Material es zuließ, war es mir gelungen, die angestrebte Funktionalität zu erzielen. Was in der Bauanleitung stand, taugte - vorsichtig formuliert - nicht viel. Einen Aspekt sollte ich abschließend noch erwähnen: Das Fahrzeug hat einen beachtlichen Achsabstand, weswegen trotz guter Lenkung ein enorm großer Wendekreis in Kauf genommen werden musste. Auf einem normalen Tisch ließ sich das Modell nicht manövrieren.