Exkurs 1:
Wie können wir die Füllmethoden untersuchen?


Füllmethoden und RGB-Farbdarstellung

Man kann die Füllmethoden oder Farbverknüpfungsmethoden (oder wie immer man die Algorithmen nennen will) nicht verstehen ohne ein Verständnis von den Zusammenhängen der RGB-Farbdarstellung. Andererseits hilft der Umgang mit Füllmethoden, die RGB-Zusammenhänge besser zu durchschauen. Deshalb einige kurze Vorbemerkungen zu RGB-Farben.

Wohlgemerkt, es geht hier nicht um die Frage, was z.B. der Unterschied zwischen dem sRGB-Farbraum oder dem Adobe-RGB-Farbraum ist. Bei diesen Farbräumen oder ähnlichen Stukturen geht es darum, welche physiologischen Farbeindrücke oder physikalischen Farben durch die RGB-Werte repräsentiert werden.

Dieses ist eine wichtige Sache, keine Frage, doch bei den Füllmethoden und deren Gesetzmäßigkeiten spielt genau das keine Rolle. Volles Gelb wird durch die RGB-Werte 255-255-0 dargestellt, fertig. Gelb ist 255-255-0, egal wie wir das wahrnehmen. Also auch dann, wenn der Monitor so verstellt ist, dass Gelb wie eine mattgrüne Suppe erscheint. Ebenso kümmern wir uns nicht um andere Farbmodelle wie CMYK, dessen Farben letzten Endes aus RGB-Farben abgeleitet werden können und umgekehrt. Die Beschränkung auf RGB-Farbdarstellungen ist nicht wirklich eine Einengung, weil das Verständnis anderer Darstellungen dadurch nicht beeintächtigt wird. Ganz im Gegenteil: Wer sich mit RGB-Farben gut auskennt, hat es leichter, andere Farbmodelle zu durchschauen - und die Füllmethoden.

RGB-Farbwerte

Um Füllmethoden zu verstehen und zu untersuchen, reicht es völlig aus, mit der Farbtiefe von 8 bit zu arbeiten. Datailliertere Farbdarstellungen, z.B. mit 12 oder 16 bit Farbtiefe, ändern nichts an den Zusammenhängen, nur dass alles feiner abgestuft werden kann. Also: Bei 8 bit Fabtiefe wird jeder Farbton durch je einen Wert für Rot, Grün und Blau dargestellt, wobei die Werteskala von 0 - 255 reicht. Dieses Zahlentripel bildet dann einen Bildpunkt (Pixel). 0-0-0 ergibt schwarz, 255-255-255 weiß. Dazwischen liegen alle anderen darstellbaren Farben, und das ist eine ganze Menge. 256 x 256 x 256 (Null zählt mit) ergibt mehr als 16 Millionen Farbtöne, die so fein abgestuft sind, dass unser Auge benachbarte Farbtöne nicht unterscheiden kann, selbst wenn sie im Bild direkt nebeneinander liegen. Insofern ist eine Farbtiefe von 8 bit völlig ausreichend - normalerweise. Doch normal geht es nicht immer zu, z.B. wenn Bildpartien mit feinsten Farbnuancen, etwa ein Himmel mit schwachen Dunstwolken, aufgesteilt wird. Dadurch wird auch die Differenz zwischen benachbarten Farbtönen entsprechend erhöht, oft sogar verfielfacht, und die "Isobaren" treten unangenehm in Erscheinung. Das aber nur am Rande.

Wenn mit RGB-Farbwerten gerechnet wird, und genau das geschieht bei der Anwendung der Füllmethoden, dann ist der Ganzzahlbereich von 0 - 255 nicht sonderlich geeignet.

Es ist deutlich günstiger, die Abstufungen in den Bereich 0.0 - 1.0 zu verlegen, also mit Dezimalzahlen zu arbeiten. Dass dabei feiner differenziert werden kann, ist nur ein unwesentlicher Vorteil, der spätestens beim Speichern eines Bildes keine Rolle mehr spielt. Gespeichert wird jeder Pixel grundsätzlich mit Ganzzahlen (Integer-Werten). Der Bereich 0.0 - 1.0 hat vielmehr den Vorteil, dass die mathematischen Zusammenhänge direkter und plausibler in Erscheinung treten. Sehr deutlich wird das bei der Füllmethode "Multiplizieren", wo durch die Verknüpfung zweier Farbwerte immer ein kleinerer oder höchstens gleich großer Wert herauskommt. Eine Multiplikation mit Zahlen kleiner/gleich als 1.0 eben.

Wenn wir die Ergebnisse von Füllmethoden untersuchen, indem wir z.B. die Farben mit der Pipette aufnehmen, dann erhalten wir in der Regel die ganzahligen Werte bis 255. Einfach durch 256 dividieren, und wir haben den entsprechenden Dezimalwert, der sich übrigens auch sehr anschaulich als Prozentwert auffassen lässt. Zur Unterscheidung werde ich in den folgenden Beiträgen immer die Kommaschreibweise verwenden, wenn es sich um dezimale Angaben handelt. Also zum Beispiel 0.3 - 0.5 - 0.9, was der Ganzzahldarstellung 77-128-230 entspricht

Bei den Füllmethoden spielt die Farbe grau in den verschiedenen Abstufungen (256 sind möglich) eine besondere Rolle. Mit dem RGB-Modell ist grau schnell erklärt: die drei Farbkomponenten haben dabei den gleichen Wert. Scharz und weiß gehören natürlich dazu.

Werkzeuge zum Untersuchen von Füllmethoden

Auch wenn es nicht auf letzte Genauigkeit ankommt, so muss doch mit definierten Farbwerten opereriert werden. Fotos lassen sich dazu nicht gebrauchen. Günstig sind Bilder mit Farbfeldern, die am besten eine grobe Abstufung aufweisen, z.B. 0.0 - 0.25 - 0.5 - 0.75 - 1.0. Günstig ist es, die Farbfelder als nebeneinander liegende Streifen anzuordnen, so lassen sie sich miteinander "kreuzen". Ein Streifenbild liegt auf der Hindergrundebene, ein zweites, um 90° gedreht, auf der darüber liegenden Ebene. Die Bilder können beliebig kombiniert werden, wobei auch die "Kreuzung" mit sich selbst wichtige Aufschlüsse gibt. Hierbei konzentriert man sich auf einen einzelnen Farbkanal. Natürlich gibt es noch andere Testbilder, aber alle haben eines gemeinsam: Die in ihnen vorkommenden Farben werden rekonstruierbar festgelegt, d.h. ihre Felder sind mit Farben gefüllt, die im Farbdialog mit RGB-Werten exakt eingestellt werden und ihn ihren Ausprägungen sofort erkennbar sind.

Die kleinen Ungenauigkeiten, die sich aus der Umrechnung von ganzzahligen Farbwerten in dezimale (und umgekehrt) ergeben, sind vernachlässigbar.

Durch diese Art, Testbilder miteinander zu kombinieren, entsteht ein Ergebnisbild mit 25 quadratischen Feldern, das leicht mit der Pipette auszumessen ist (Farbpalette einblenden). Auch die Zuordnung zu den Streifen der beiden Einzelebenen ist leicht vorzunehmen. Und dann muss einfach ein bisschen überlegt und in manchen Fällen auch nachgerechnet werden. Manche Zusammenhänge sind verblüffend einfach, andere wiederum stellen ein härtere Nuss dar-

Wenn die Gesetzmäßigkeit erfasst ist, kommen die vielleicht spannnendsten Fragen: Wozu kann ich diese Methode verwenden? Mit welcher Farbe muss ich eine Ebene füllen, um dieses und jenes zu erreichen? Welche Farbe beeinflusst nicht die andere Ebene (neutrale Farbe)? In welchen anderen Algorithmen steckt womöglich diese Füllmethode? Was ist, wenn ich diesen Modus bei einem Pinsel anwende? Usw.



Einige Begriffe

Es gibt im Umgang mit Farben einige wichtige Begriffe, die aus "RGB-Sicht" klar sein sollten. Da ist zunächst die Sättigung. Gefühlsmäßig weiß wohl jeder, was damit gemeint ist, doch der Begriff lässt sich auch exakt definieren. Eine Farbe ist dann voll gesättigt, wenn höchstens zwei der drei Farbkomponenten einen Beitrag zur RGB-Farbe leisten. Mindestens eine Farbkomponente muss also den Betrag 0 haben. Schwarz lassen wir mal außen vor, denn dabei macht es keinen Sinn, von "gesättigt" zu sprechen. Eine voll gesättigte Farbe ist z.B. 255-180-0, auch die abgedunkelt Variante 127-90-0. Dagegen ist die Farbe 13-190-255 nicht mehr ganz gesättigt. Zwar dominieren die Farben Grün (190) und Blau (255), doch das Ergebnis ist wegen des kleinen Rotanteils (13) ein wenig "verweißlicht", also entsättigt.

Dann gibt es die Helligkeit oder Luminanz. Darunter kann man ganz einfach die Summe der drei Farbwerte verstehen. So haben aus RGB-Sicht die Farben 70-100-80 und 70-50-130 dieselbe Helligkeit. Das gilt auch dann, wenn die Farben subjektiv als unterschiedlich hell wahrgenommen werden. Ob aber die "helligkeitserhaltenden" Farbverstellungen streng nach RGB-Regeln vorgehen oder die physiologischen Gegebenheiten berücksichtigen, ist eine spannende Frage am Rande, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll.


Der Farbton beschreibt wohl den markantesten Aspekt der Farbe. Man kann es sich am besten vorstellen, wenn man an das bekannte Farbspektrum denkt, dieses aber an den Enden umbiegt und zu einem Kreis schließt. Farbdreiecke, Farbsechsecke oder auch der kontinuierliche Farbkreis sind Darstellungen, die den Farbton wiedergeben. Immer werden gesättigte Farben herangezogen, von denen normalerweise eine der beiden Komponenten den Wert 255 hat, wodurch sich eine maximale Helligkeit und damit beste Unterscheidbarkeit ergibt. In Anlehnung an den Farbkreis wird der Farbton in Grad (0° - 360°) notiert.




Tipp: Wer Zugriff zu verschiedenen Bearbeitungsprogrammen hat, sollte einmal die Farbdialoge untersuchen und miteinander vergleichen. Und wer bereit ist, sich auf diese Beitragsreihe einzulassen, der wird sicher auch bereit sein, mal genauer auf die Zahlen zu achten, die beim Verschieben von Reglern angezeigt werden. Im Farbdialog von Photoshop kann man sehr anschaulich die Zusammenhänge zwischen Farbton, Sättigung und Helligkeit nachvollziehen, und zwar in Gestalt von RGB-Werten.