In die Fresse …

Nein, ich will jetzt nicht aggressiv werden, und wenn es mich danach gelüsten würde, dann bestimmt nicht in einem zahmen Blog, sondern auf den verbalen Schlachtfeldern wie Facebook usw. Es geht hier um etwas anderes, nämlich wieder einmal um die Corona-Pandemie.

Hoffentlich kapieren es die Menschen: Das Coronavirus hat der Menschheit so richtiggehend in die Fresse gehauen, und zwar der gesamten Menschheit. Schon mehren sich die Stimmen, die verlangen, möglichst schnell wieder die herrlichen Vorcorona-Zustände herzustellen. Doch genau das darf nicht geschehen; wir müssen die Krise als ernste Mahnung verstehen, dass vieles nicht gut gelaufen ist, ja, dass die Pandemie gewissermaßen sogar eine Folge der bisherigen Missstände ist.

Plötzlich auftretende Krankheitserreger, auch neue, unbekannte Erreger, wird es immer geben, egal ob sie auf einem chinesischen Wochenmarkt oder als Folge einer durch Genmanipulation bewirkten Mutation in Erscheinung treten. Wir sollten dankbar sein, dass das Corona-Virus so relativ harmlos ist. Stellen wir uns ein Virus vor, dass sich vergleichbar schnell verbreitet, aber zu 90% tödlich verläuft und nicht zu 1-2% wie Corona. Dann ginge es nur noch ums nackte Überleben von wenigen Menschen.

Epedemien hat es immer gegeben, aber dass eine Epedemie in kurzer Zeit zu einer weltweiten Pandemie auswächst, ist schlichtweg eine Folge der globalen Vernetzung, die ja nicht nur auf Kommunikationsebene stattfindet. Hier geht es vor allem um die globale Mobilitätsvernetzung. Reisen für Jedermann, egal, in welchen Winkel der Erde. Produktionsketten, die den gesamten Globus überspannen und nicht nur die Klimazerstörung anheizen, sondern auch für die wirtschaftlichen Supererfolge der ohnehin schon wirtschaftlich starken Staaten sorgen – auf Kosten anderer. Verlagerung von Produktion in Billiglohnländer, Warenbeschaffung aus allen Erdteilen usw., das alles gehört in diesen Problemkreis, der aber von den meisten Zeitgenossen nicht als Problemfall, sondern als Errungenschaft modernen, erfolgreichen Lebens eingeordnet wird. Immer mehr, immer größer, immer weiter, immer schneller, immer umfassender, immer komfortabler, dieses alles hat sich in der Menschheit zu eine Grundprinzip entwickelt und letzten Endes die Globalisierung beflügelt.

Nur eines will man nicht gerne wahrnehmen: Eine weltumspannende Vernetzung ist gleichzeitig die ideale Infrastruktur für weltweite Zerstörungen. Das Corona-Virus ist so ein Störenfried, aber nicht der einzige. Denken wir nur daran, welche Formen von gobaler Vernetzung es gibt (eine Menge), und öffnen wir einfach nur die Augen für die potentiellen Missbrauchspotentiale der einzelen Netze, dann sind wir auf einem guten Weg, die Zeit nach Corona anders, vor allem aber kritischer zu gestalten. Sich zum Beispiel nur an die Digitalisierung zu klammern, ist einfach nur blöd und naiv. Es geht um wichtigere Werte, für die es keine technischen Lösungen gibt. Das sollten wir bedenken, wenn die lädierte Visage der Menschheit langsam verheilt.

Übrigens: Von den vielen globalen Netzen gibt es nur eines, das frei von Nebenwirkungen und Störanfälligkeit ist, nämlich das Netz von Verantwortlichkeiten für den Planeten. An dem Wohlergehen des einen Planeten müssen alle Staaten der Erde gemeinsam arbeiten und ihre globalen Verantwortungen abstecken – in Absprache untereinander. Dieses Netz ist nicht nur das wichtigste, sondern gleichzeitig das erfolgloseste. Wenn in der Corona-Krise auf einmal wieder die nationalen Grenzen als Dehnungsfugen ausgemacht werden, dann sollte das ein Warnsignal sein, ein Hinweis, dass es ein einfaches Zurück nicht geben darf.