Anmerkung: Diesen leider wieder etwas länger gewordenen Beitrag werde ich in Kürze wieder löschen. Vorher möchte ich noch möglichst viele Kommunen und Kommunalverbände auf den Beitrag aufmerksam machen.
Zeitungsmeldung in der IVZ (Ableger der Westfälischen Nachrichten) vom letzten Wochenende: „Drensteinfurt bleibt online“. In Drensteinfurt, einem kleinen, eher unbedeutenden Städtchen im südlichen Münsterland, gab es eine Bürgeranregung, den Ort zu einer „Facebook-freien-Kommune“ zu machen, doch der Haupt- und Finanzausschuss der Kommune entschied sich, weiterhin Facebook zu benutzen. Bürgermeister Carsten Grawunder wies darauf hin, dass man über Facebook knapp 900 Abonnenten erreiche. Deshalb sei das Abschalten keine Lösung.
Diese Einstellung ist bestürzend, und das Festhalten an schmutzigen Kommunikationswegen ist in dreifacher Hinsicht verantwortungslos:
- Alle Instanzen mit öffentlicher Ausstrahlung, also Politik, Administration, Medien usw. haben Vorbildfunktionen und sollten keine Verfahren anwenden, die nachgewiesenermaßen schädlich sind und dennoch in der Bevölkerung weit (zu weit) verbreitet sind. Es gibt nur einen Weg, Facebook in die Schranken zu weisen, und zwar durch gezielte Vermeidung der Plattform.
- Als Kommune verwaltet Drensteinfurt eine Fülle von sensiblen Daten, die auf keinen Fall in den Fangbereich einer Datenmissbrauchs-Mafia wie Facebook geraten dürfen. Saubere, gesicherte Datenverwaltung einerseits und virulente Datenverbreitung über Facebook, Whatsapp oder Instagram, das passt einfach nicht zusammen.
- Durch das Festhalten an Facebook übt die Kommune auf die 900 „Abonnenten“ einen Druck aus, ebenfalls auf Facebook zu bleiben. Das ist genau gegenläufig zu den Bemühungen, möglichst viele Bürger aus ihrer Abhängigkeit von Facebook zu befreien.
Die Hauptursachen dafür, dass trotz besserer Einsicht viele Menschen nicht von schädlichen Plattformen wie Facebook lassen wollen, sind Gedankenlosigkeit, Oberflächlichkeit und vor allem Bequemlichkeit – bis hin zur Abhängigkeit. Wenn nun auch noch kleinkariertes Denken von Kommunalpolitikern hinzukommt, kann man nicht allzu optimistisch in die digitale Zukunft schauen. Meine Güte, stellt den Leuten in Gemeinderat und Verwaltung doch ein Fußbänkchen hin, damit sie ein wenig über den ach so hohen Tellerrand ihrer beschränkten kommunalen Welt hinwegschauen können.
Irritierend ist im übrigen auch die Überschrift der Zeitungsmeldung. Muss man an Facebook festhalten, um online zu bleiben? So ein Quatsch. Es gibt eine ganze Reihe von sauberen Wegen, die Bürger zu erreichen, und selbst wenn man meint, auf einen Messenger nicht verzichten zu können, dann gibt’s Alternativen. Um nur einige zu nennen: Diaspora, Nebenan, Ello, Threema usw. Und der Umstieg? Eine Meldung an die 9000 Abonnenten, vielleicht eine kurze Anleitung, wie die neue Plattform eingerichtet wird, das reicht. Und wenn von den 9000 nur 200 folgen, weil die anderen es nicht mitbekommen? Dann war für 8800 Bürger die Facebook-Präsens ohnehin überflüssig. Der Wechsel könnte für eine erfrischende Bereinigung sorgen.
Nachtrag: Als ich die Stadt Drensteinfurt per EMail auf diesen Beitrag aufmerksam machen wollte, wurde eine Erklärung verlangt, in welcher ich mich mit der Verarbeitung meiner Daten einverstanden erklärte. Tja, soviel zum Thema Datenschutz in der münsterländischen Kleinstadt.