Schnell und bequem

Bei vielen Dingen rund um die „Digitalisierung“ frage ich immer wieder erneut, wozu das gut sein soll. Zum Beispiel beim sogenannten „smarten“ Haushalt. Kein Zettel mehr, auf dem man das Fehlende vermerkt, sondern Blick in den Kühlschrank, vom Geschäft aus. Wow, sagen viele. Wobei ich den Eindruck habe, dass ich mit meinem analogen Einkaufszettel viel zügiger zum Ziel kommen kann. Aber vielleicht habe ich noch nicht gelernt, die Vorteile der privaten Digitalisierung zu entdecken. Vielleicht sind die versteckt, wie Ostereier.

Und so bin ich zutiefst dankbar, wenn mir jemand auf die Sprünge hilft. Die Sparkasse zum Beispiel. „Kontaktlos belzahlen. Freiraum ist einfach.“ Und weiter: „… damit mehr Zeit fürs Leben bleibt.“ So steht es auf einem Flyer der Initiative sparkasse.de/kontaktloszahlen.

Danke, liebe Sparkasse. Jetzt weiß ich, worauf es ankommt, und allmählich beginne ich den Google-Slogan „We’ll make the world a better place“ zu verstehen. Wenn ich an der Kasse stehe, brauche ich meine Karte nicht mühsam in den Schlitz zu schieben, sondern ich halte sie einfach davor. Das ist es. Und ich spare dadurch eine Menge Lebenszeit und habe endlich die Möglichkeit, zusammen ins Kino zu gehen, zu entspannen und einen Film zu genießen. Eine wichtige Anregung, die ebenfalls in dem Flyer zu finden ist. Mehr Zweisamkeit wird versprochen. – Klar, wenn ich die Karte nicht mehr in den Schlitz schieben muss, dann sprudelt die Lebensqualität.

Vor einigen Wochen noch, bevor die Sparkasse mich erleuchtete, hätte ich gesagt: „So ein Scheiß. Ist es den Verantwortlichen in den Digital-PR-Abteilungen nicht peinlich, so etwas wie die Schlitz-Einschieb-Vermeidungskarte als Fortschritt zu verkaufen? Doch nun bin ich geläutert. Ich weiß, es geht darum, mehr Lebenszeit für die tollen Dinge zu gewinnen. Nun gibt es womöglich verbohrte Zeitgenossen, die mich brühwarm darüber aufklären, dass es nicht um die Schlitzvermeidung geht, sondern um die Vorteile der direkten Bezahlung ohne lästige PINs und Geheimnummern. Wenn das so ist, frage ich mich, hätte man das Ganze aber doch mit der Einschiebtechnik koppeln können. Aber das wäre wohl zu billig, zu unmodern, zu wenig digital dahergekommen, oder?

Genau das nämlich kann sich zur Zeit niemand leisten. Im übrigen sind die Karten mit RFID-Chip wichtige wichtige Datensensoren.Was man damit alles an persönlichen Daten hereinschaufeln kann – sagenhaft. Man muss sich nur mal die Warenschleusen in modernen Supermärkten vor Augen führen, dann spürt man das ungeheure Potential, dass in solchen Karten steckt. Dann kann nämlich nicht nur gecheckt werden, ob alle Waren im Einkaufswagen bezahlt sind, sondern außerdem noch, wer hinter dem Wagen hergeht. Wertvolle Lückenfüller auf dem Weg in die moderne Datengesellschaft (= Überwachungsgesellschaft).