Auch mal was Erheiterndes

2020 – das war wohl das beschissenste Jahr seit etlichen Jahrzehnten, ich glaube, da sind wohl alle derselben Meinung. Corona – ja, aber nicht nur. Da war (ist) noch der Wüstling und Erpresser im Weißen Haus, dann der Brexit, oder die querdenkenden Virenversprüher. Und das Netz, das nicht nur Bequemlichkeit und Effektivität schafft, sondern auch vor Hass, Lügen und Schmutz überquillt und die Gesellschaft verseucht; Politiker, deren Wortschatz immer mehr auf einen einzigen Begriff zusammenschrumpft: ‚Digitalisierung‘. Alles gut, wenn es erst mal digital ist. Mein Gott.

Freude? Im Beethoven-Jahr, in dem dieser Götterfunke in allen Winkeln besungen wird, funkt es überhaupt nicht. Um nicht total zu versauern, muss man sich an Ersatz klammern, zum Beispiel an Schadenfreude. Und wenn diese noch in komödiantischer Form angeregt wird, dann gibt es Grund, mal wieder auf die Knie zu klatschen und das Lachen neu zu versuchen.

Was ist geschehen? Nun, vor einigen Tagen wurde bekannt, dass in den USA ein schwerwiegender, erfolgreicher Hackerangriff auf sensible Strukturen im Netz stattgefunden hat. Die Hacker müssen sich schon seit längerer Zeit in den verbotenen Winkeln des Internets herumgetrieben und dabei wahrscheinlich so manchen dicken Datenbrocken eingesteckt haben. Auch lebenswichtige Versorgungsstrukturen sollen bedroht worden sein. Eine Attacke dieses Ausmaßes, so vermutet man, kann nur von einem Geheimdienst, vermutlich dem russischen, ausgegangen sein. Na ja, vermutet man jedenfalls. Ist ja auch naheliegend.

Und so sind die Betroffenen richtig sauer und toben. „Solche Verbrecher!“ – An diesem Punkt kommt Komik ins Spiel. Meine Güte, nun bleibt doch auf dem Teppich. Die Hacker machen doch nur ihren Job, egal bei welchem Geheimdienst, auch bei eurem eigenen. Eure Entrüstung ist doch nur vorgespielt, nichts anderes als Theaterdonner mit einem spürbaren Unterhaltungswert. So ähnlich wie die unvergessliche Szene, als Angela mit ihrem ausspionierten Smartphone in der Hand entrüstet sagte: „Spionieren unter Freunden, das geht gar nicht.“ Doch, Frau Merkel, das geht und wird gemacht. Ertragreicher ist natürlich das Ausspionieren von potentiellen Feinden.

Nur die Methode des Spionierens hat sich geändert. Man muss nicht mehr beherzte, mutige Leute mit getarnter Kamera in Feindesland schicken oder – besser – dort Leute als Agenten anwerben. Das geht heute bequemer, wie alles, was man digital macht. Irgendein Raum an irgendeiner Stelle in der Welt, egal ob im kalten Moskau, im dunstigen Peking oder auf einer kleinen Insel in der Karibik. Tasse Kaffee aufbrühen, Rechner einschalten, und schon ist man nur wenige Klicks von allen Orten der Welt entfernt. Nun ist vor allem Erfahrung, Geduld und IT-Wissen gefragt, mutige Helden braucht man nicht mehr.

Was diese bleichgesichtigen Hacker im Netz vorfinden, ist schon mehr als üppig. Da sind, direkt vor der Nase, die Türen zu den wichtigen Datenbereichen: Infrastruktur und Versorgung, Waffenentwicklung, militärische Pläne usw. Und dann liegen da, direkt vor den Füßen, die prallgefüllten Clouds, diese ganz, ganz dicken Datenbrocken. Sicher, da hängen Vorhängeschlösser an den Eingangstüren, in der IT-Sprache „Passwörter“ genannt. Manche kann man mit der Hand aufbiegen, aber meistens stecken hinter diesen schlecht gesicherten Türen unwichtige Klamotten. Es gibt natürlich auch dickere Schlösser, so an die 20 Zeichen, mit Ziffern gemischt usw. Kennen wir, Passwörter, bei denen man zur Eingabe eine zweite Person braucht, jemand, der die Zeichenfolge in Vierergruppen diktiert. Passwörter, die man in einer Kladde notieren muss, weil kein Mensch sie sich merken kann. Im Netz gibt es die Gegenstücke solcher Kladden, sowas wie Schlüsselschränke. Und wenn die Hacker da dran kommen, heißa, dann knallen die Korken.

Nun geht es vor allem darum, die Spuren zu verwischen, und genau das ist den Hackern im aktuellen Fall nicht dauerhaft gelungen. Also doch nicht so gute Arbeit. Aber kein Grund, traurig zu sein. Die Leute haben ganz bestimmt so manche Tür aufbekommen, ohne dass man noch auffällige Kratzspuren daran sieht. Im Ernstfall sind diese geknackten Türen wichtiger als Schießgewehre und Bomben da oben in der analogen Welt. Kriegsführung am Computer! Ist das nicht eine besonders saubere Abteilung der Digitalisierung? Kein Leichengestank, keine Trümmer, keine unangehm lärmenden Bomben. Einfach den Strom mit einigen Klicks abschalten, sagen wir für 4 Wochen. Das reicht. So geht Krieg machen heute. Kann ja auch sein, dass es ganz ohne Opfer abgeht, einfach mit Erpressung.

Also, die Mädels und Jungs in der Hackzentrale eures Geheimdienstes machen einen wichtigen Job. Und wenn ihr euch darüber aufregt, dass andere Staaten auch sowas kennen, dann wirkt das irgendwie lustig. Weniger lustig ist es, wenn Bescheuerte auf die Idee kommen, Sachen ins Internet zu packen, die da einfach nicht hineingehören. Russen und Chinesen sind da schon etwas schlauer, die haben nämlich gemerkt, dass man besser das inländische Netz vom globalen Internet abkoppelt. Die wissen wahrscheinlich, wie lächerlich das ganze Passwort- und Verschlüsselungsgehabe ist, denn jedes (!) Passwort, jeder (!) Codierungsschlüssel hat im Netz ein Gegenstück. Das muss man nur finden, wobei es auch außerhalb des Netzes, in der ganz analogen Welt, hochinteressante Zugänge gibt. Dazu muss man nur die menschlichen Schwächen kennen. Also ran, auf zum digitalen Abenteuerspielplatz.