Immer Vorwärts …

Ja, immer schneller, immer weiter, immer höher, immer mehr, immer mehr, immer mehr, das ist die Grundhaltung, von dem das Streben der heutigen Menschheit geprägt wird. Eigentlich sogar exponentiell: immer schneller schneller, immer schneller weiter usw. Die Triebkräfte für diese Haltung bezieht die Menschheit vor allem aus der Wirtschaft, aus dem von einem brutalen Kapitalismus angefeuerten gnadenlosen Konkurrenzkampf. Wie heißt es so schön in diesem Milieu: „Stillstand ist Rückschritt“.

Doch längst geht es nicht nur um wirtschaftliche Belange. Das Tempo-Vorwärts-Syndrom hat inzwischen die gesamte Gesellschaft durchdrungen. Mobilität und Dynamik sind alles; wer nicht mitmacht, fällt aus der Gesellschaft heraus. Kuriose Sonderfälle, bedauernswert oder beneidenswert, je nach Sichtweise. In einem TV-Werbespot der „Deutschen Sporthilfe“ heißt es am Schluss: „… Aber bleibe niemals stehen.“

Deutlicher kann man einen der großen Missstände der Menschheit nicht auf den Punkt bringen. Bleibe niemals stehen! Doch, wir müssen stehen bleiben, nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig. Wir müssen uns die Zeit nehmen, uns zu orientieren, Wir müssen um uns schauen, nach vorne selbstverständlich, aber auch mal zurück. Ist das noch der richtige Weg? Was muss korrigiert werden? Welche Alternativen gibt es? Oder müssen wir sogar eine Strecke zurück gehen und nach neuen Ansätzen suchen? Dieses Innehalten ist umso wichtiger je verworrender oder komplexer die Materie ist.

Doch wie gesagt, das Innehalten passt nicht ins Weltbild der heutigen Gesellschaften. Und so müssen wir, wenn wir ehrlich sind, eingestehen, dass z.B. die Digitalisierung bislang mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat, vor allem in jenen Bereichen, die das Leben der Menschen unmittelbar beeinflussen. In den Fertigungshallen der Industrie mag das anders sein. Aber wir sehen die Nachteile nicht (oder wollen sie nicht sehen); wir bemängeln allenfalls die zu schleppende Digitalisierung und jagen ungebremst mit Scheuklappen durch Zeit und Raum. Immer schneller, immer komfortabler, immer gedankenloser …

Und merken vor lauter Dynamik und Fortbewegungsdrang gar nicht, wie töricht wir uns verhalten.