Recht auf Unrecht

„Das war ein Riesenstück Arbeit.“ So oder so ähnlich beschrieb Angela Merkel die vielstündige Sitzung der Regierungschefs, bei der am Ende das herauskam, was im Grunde vorhersehbar war: Polen und Ungarn wurde das Recht zugestanden, ihre Staaten zu Unrechtsstaaten zu entwickeln. Sicher, das war in der Tat ein Riesenstück Arbeit, denn Europa ist sehr sehr stark, und um es zu zersetzen, muss man schon kräftig in die Hände spucken. Aber Merkel hat es geschafft.

Dabei waren die Chancen, hier endlich mal Klarheit zu schaffen, so gut wie nie. Polen und Ungarn haben bei ihrem gemeinsamen Erpressungsvorstoß hoch gepokert und in dreister Manier ihre empfindlichsten Seiten entblößt.. Es wäre ein leichtes gewesen, die beiden Staaten, die überhaupt nicht zu Europa gehören sondern lediglich Schmarotzer sind, gegen die Wand fahren zu lassen. Aber die raffinierten Lenker in diesen beiden Staaten kennen natürlich Merkel. Sie wissen, dass Merkels Kompromissbereitschaft keine Grenzen kennt. Man kann sich das Getuschel zwischen den beiden vorstellen. Polen: „Kann man das riskieren? Was ist, wenn die anderen einfach ohne uns beschließen? Dann stehen wir ohne Geld da.“ Ungarn: „Quatsch. Denk daran, dass Deutschland die Ratspräsidentschaft hat, und Merkel wird niemals nach Hause gehen, ohne einen Kompromiss auszuhandeln, den wir ohne weiteres als Sieg verbuchen können.“ Polen: „Au ja, und dann haben wir in Zukunft noch bessere Aussichten.“

Haben sie in der Tat. Tja, so ist das, Frau Merkel. Es wird Zeit, dass Deutschland mal wieder Rückgrat und Haltung zeigt. Und Zeit, dass Europa sich auf den gesunden Kern besinnt. Amputationen scheinen unumgänglich.