Ich weiß, ich habe ihn schon oft zitiert, diesen Slogan aus dem Silicon Valley: „We’ll make the world a better place.“ – Ein gigantisches Versprechen, und gigantisch groß ist die Schar der Jünger, die dran glauben. Sie starren auf ihre Smartphones und genießen das wonnigliche Gefühl, auf einer Woge einer besseren Welt entgegenzuschwappen. Und sie haben ja recht. Gewissermaßen jedenfalls. Vieles wird einfacher, weil man sich die Mühe ersparen kann (muss), die Vorgänge zu durchschauen. Vieles wird bequemer, geht schneller, perfekter. Eine Komfortstufe ist noch nicht mal richtig erschlossen, da folgt bereits die nächste, höhere Stufe. Die Menschen müssen einfach nur mitmachen, aufgeschlossen sein. Digitalgläubig sozusagen. Und Missionare, die den bedingungslosen Glauben an die digitale Zukunft verkünden und verbreiten, gibt es reichlich. Missionare, die überzeugend vom Glück der technologischen Zukunft reden und das furchtbare Bild von der Verdammnis, wenn man nicht schneller digitalisiert, in die Herzen der Aufgeschlossenen pflanzen. Das Netz ist das Paradies der Neuen Glückseligen.
Au ja, und der Samen, den die Missionare verbreiten, fällt auf fruchtbaren Boden. Von 10 jungen Leuten, die durch die Stadt gehen oder im Bus sitzen, starren 6 (mindestens) auf ihr Smartphone und preisen den digitalen Mediengott. Oder die junge Mutti hinter dem Kinderwagen: Sie starrt auf ihr Handy; wie irdisch und banal wäre dagegen das Schäkern mit dem Kind. Oder die Verpflichtung, selbst zur Verbreitung des digitalen Glaubens beizutragen: 1000 Follower auf Twitter, 10000 Likes auf Facebook, das sind echte Erfolgszahlen.
Und ich? Nee, was die Digitalisierung betrifft, gehöre ich zu den Ungläubigen. Ich habe nach einer vorübergehenden Welle der digitalen Gefolgschaft mal etwas nachgedacht und verglichen. Ja, die analoge Welt war nicht so perfekt, nicht so schnell, nicht so komfortabel. Sie war anstrengend und – da Menschen noch das Sagen hatten – vielfach erfolglos. Und dennoch: Die Welt ohne Smartphones und Tablets war wertvoller, intensiver, nachhaltiger, gedankenvoller, kurz: reicher. Schade, dass eine junge Generation, die sich was drauf einbildet, in der digitalen Welt groß geworden zu sein und sich daran zurechtzufinden (im Gegensatz zu den verstaubten Alten), nicht mehr vergleichen kann. Scheuklappen oder ein zu hoher Tellerrand waren in der Geschichte der Menschheit schon vielfach die Ursache für gesellschaftliche Entgleisungen. Selbst das Grundgesetz scheint für immer mehr digitale Zeitgenossen außerhalb des Tellers mit ach so hohem Rand zu liegen. Das Netz bietet zwar Kanäle nach draußen, aber wer sich hineinbegibt, bleibt schnell mit den Füßen im morastigen Untergrund stecken. Die digitalen Botschaften sind jedoch bis in die letzten Winkel zu hören. Wie ein Echo brechen sie sich an den Wänden: „Wir müssen schneller digitalisieren, wir brauchen eine bessere Infrastruktur, unsere Zukunft liegt in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz …“
Welche Zukunft ?