Blankes Entsetzen

Ja, diese Meldung bewirkte bei mir ein kaum noch zu beschreibendes Entsetzen. Worum geht’s? Eine amerikanische Firma, typisches Start-up-Unternehmen, arbeitet an Algorithmen und sensorischen Verfahren, um die Gedanken von Menschen lesen und analysieren zu können. Damit sollen dann Geräte gesteuert werden, typischerweise die Geräte des SmartHome. Wohlgemerkt, es geht nicht darum, dass Schwerstbehinderte selbständig ihren Rollstuhl oder ihre Prothesen steuern können, sondern es geht um so triviale Dinge wie das Aus- und Einschalten von Licht oder das automatische Umschalten auf einen anderen TV-Kanal, wenn der Sensor feststellt, dass einem eine Sendung nicht gefällt. Oder dass man gerade scharf ist und etwas Porno eingespielt haben möchte.

Was hier geschieht, das ist der Versuch, in die privatesten Zonen des Menschen einzudringen. Es gibt nichts Schützenswerteres, Sensibleres, Unantastbareres als die persönlichen Gedanken. Die Überwachung und Analyse von Gedanken ist schlichtweg die Höchststufe an Kontrolle und kann durch nichts mehr überboten werden. Ein Mensch, der ohne zwingenden Grund seine Gedanken von Technik überwachen lässt, gibt seine Freiheit auf, und zwar restlos. Noch einmal: Ich spreche nicht von Extremsituationen wie Schwerstbehinderungen, wo unter sorgfältigster Kontrolle im Einzelfall derartige Techniken sinnvoll sein können, aber dann auch nur, wenn sie auf bestimmte Antwendungsbereiche begrenzt werden. Die dabei anfallenden Daten müssen in einem streng geschützten Raum verbleiben; das Internet scheidet deshalb grundsätzlich aus, weil es den  erforderlichen Schutz systembedingt nicht bieten kann.

Der Einsatz bei Gesunden wird mit dem Ziel einer weiteren digitalen Komfortsteigerung begründet. Man muss, um das Beispiel der Raumbeleuchtung aufzugreifen, nicht aufstehen und sich mühsam die 3 Meter zum Lichtschalter schleppen. Ach, das sowieso nicht, denn dafür benützt man ja Smartphone-Apps. Aber man muss nicht mal mehr das schwere Smartphone vom Tisch hochheben, denn inzwischen gibt es ja Alexa. Aber das ist immer noch Energieverschwendung; infolgedessen sollen auch das Aufmachen des Mundes und die Bewegungen der Stimmbänder nach Meinung der Superdigitalsierer demnächst der Vergangenheit angehören. Tja, eine konsequente Verfolgung des digitalen Glaubensbekenntnisses: „We’ll make the world a better place.“

So, und jetzt wird’s richtig spannend, denn das Start-up-Unternehmen ist in seinen Möglichkeiten natürlich begrenzt. Da muss ein Globalplayer her, der über die nötigen Mittel verfügt und gleichzeitig die Möglichkeit sieht, mit den Verfahren viel Geld zu verdienen. Und seine Macht auszubauen. Den gibt es, diesen Globalplayer. Er hat das Start-up-Unternehmen für eine knappe Milliarde aufgekauft, einfach so, nach bewährter Methode. Es ist Facebook.

Ausgerechnet Facebook! Ausgerechnet diese Bande, die mit ihren schmutzigen Methoden schon jetzt im Datenbereich so viel Schaden anrichtet, soll demnächst auf unsere Gedanken losgelassen werden! Zum Glück sind die Erfolgsaussichten nicht sehr groß.