Deutlich mehr als 30% der Bevölkerung benutzt eine Smartwatch oder irgendeinen Fitnesstracker, oft kombiniert mit dem Smartphone, um sich fit und gesund zu halten. Es stört diese Leute nicht, dass sie ihre intimsten Merkmale wie Herz- und Atemfrequenzen, Motivationsschwächen (Arsch-nicht-hoch-kriegen-Koeeffizient), Lastergewohnheiten usw. im Netz veröffentlichen. Etwa 40%, wozu auch ich gehöre, lehnt so etwas kategorisch ab; der Rest ist „aufgeschlossen“.
Ich denke, vielen dieser digitalisierten Mitmenschen ist gar nicht bewusst, dass sie sich mit diesen smarten Impulsgebern wie Köter an der Leine herumführen lassen. Heißa, jetzt geht’s Gassi, ob es regnet oder windet, ob du Lust hast oder nicht. Es fehlen ja noch 3478 Schritte an dem, was Herrchen für deine Gesundheit als notwendig erachtet. Und bitte keine Widerspenstigkeit, die Krankenversicherung beobachtet mit.
Ein anderer Vergleich, der mir angesichts der mit smarter Technik durch die Gegend gejagten Zeitgenossen einfällt: Sie sind wie Fahrradfahrer, die nur mit Stützrädern zurechtkommen. Leute, die verlernt haben, sich selbständig und frei zu bewegen – oder es noch nie gekonnt haben. Moderne Form des fremdbestimmten Lebens.
Es gibt weitere, noch wesentlich plastischere Beispiele, die man hier anführen könnte, doch die will ich lieber nicht ausmalen. Aber ich will eines der Kernprobleme der Digitalisierung auf den Punkt bringen: Sie nimmt den Menschen einiges ab (die Digitalisierer nennen’s „Komfort“), aber auf der Strecke bleiben Selbständigkeit, Freiheit, Charakterstärke, Entscheidungsfreude und und und … Es gibt Dinge, auch unbequeme, die muss man den Menschen lassen, sonst verkümmert einiges, und das ist nicht ungefährlich.
Ach, ja, Sportmediziner sehen in diesen Dingern eine Hilfe, um den eigenen Körper zu beobachten. Ja, mag für Hochleistungssportler ganz nützlich sein, um die Grenzen auszuloten, doch bei Menschen ohne Medaillenambitionen kommt es vielmehr darauf an, die körpereigenen Messgeräte zu benutzen. Dann wird aus Sport und Bewegung eine befreiende Aktivität, die sich auch auf Verstand und Psyche positiv auswirkt. Allerdings, wenn man keinen Verstand mehr hat, den es gesund zu halten gilt, und unter Gesundheit nur das Funktionieren von Körperorganen versteht, dann sind die Dinger genau richtig. Womit ich (noch) nicht so weit gehen möchte, alle Menschen mit erkennbar am Körper getragenem Fitnesstracker als hirnlos zu bezeichnen. Nein, man kann sich ja einfach nur irren oder auf eine dumme Masche hereinfallen. Letzteres ist wohl sehr häufig der Fall.