Wenn schon gendern, dann richtig

Tja, ich habe mich auf die Seite der Genderer geschlagen. Nicht, dass ich persönlich den Stern oder den Unterstrich mitten im Wort verwenden könnte, aber ich kann mitlerweile akzeptieren, dass andere es tun. Ein Problem liegt mir aber noch am Herzen: Was machen wir mit den vielen Texten, auch den Texten von Dichtern und Autorinnen, die vor der Genderzeit entstanden sind? Schließlich war Diskriminierung  auch dann schon Diskriminierung, als niemand daran dachte.

Nun, ich will hier nicht Goethes gesammelte Werke herauskramen, sondern drei Beispiele anführen, die vielleicht typisch für die Problematik sind. Es handelt sich um die Texte von bekannten Nationalhymnen, nämlich die Texte der deutschen, österreichischen und auropäischen Natlonalhymne.

Beginnen wir mit der österreichischen. „Brüder, reicht die Hand zum Bunde.“ heißt es gleich in der ersten Strophe. Brüder? Wo bleiben denn die Schwestern? In der deutschen Hymne werden ebenfalls nur die Brüder zitiert, wenn es heißt: „Brüderlich mit Herz und Hand.“ Und in der Ode an die Freude heißt es: „Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt.“ Was ist denn das, fragt man entsetzt. Spricht Schiller nur die Männer an, oder will er gar die Frauen und sonstigen Geschlechter zu Männern machen?

Krasse Fälle, aber was tun? Die alten Texte gendersprachlich überarbeiten? Ich denke, das geht nicht, denn das wäre eine glatte Fälschung. Sicher, im Zuge der Digitalisierung verliert Echtheit an Bedeutung, ebenso wie Wahrheit. Andere Werte treten in den Vordergrund, wie z.B. Nutzen, Wirksamkeit usw., aber wenn’s um vordigitale Werke geht, sollten wir auf jeden Fall bei der Echtheit bleiben.

Andere Möglichkeit: Wir verwenden andere, unverfängliche Strophen. Doch im Falle des Deutschlandliedes wären die Strophen dann bereits verbraucht, und im Falle der Freude-Ode kann man kaum ausweichen, denn es ist ja gerade der Text der 1. Strophe, der so eingängig und aufmunternd herüberkommt. Wie es um die österreichische Hmyne bestellt ist, weiß ich nicht.

Oder ein verpflichtender Hinweis vor jedem Gebrauch: Vorsicht, diskriminierend! Jugendliche auf die damit verbundenen Gefahren aufmerksam machen. Und nach Möglichkeit nur sparsam anwenden. Hm, das ist wohl kaum konsequent genug.

Nein, es gibt nur eine überzeugende Lösung für dieses und ähnlich gelagerte Probleme: Die Nationalhymnen müssen verboten und durch andere ersetzt werden. Natürlich auch alle anderen Texte, die gegen die Genderregeln verstoßen. Wir müssten die verbotenen Werke auflisten, quasi auf den Index setzen. Der Begriff „Index“ passt übrigens sehr gut, denn die Gendergemeinde stellt schließlich eine hohe moralische Instanz dar, so dass der Vergleich mit der christlichen Kirche der Vergangenheit gar nicht so verkehrt ist. Oder?

Jetzt müsste noch ein geeigneter Schlusssatz folgen, aber mir fällt keiner ein. Die Gendersprache macht irgendwie auch sprachlos.