„Alexa, öffne den Backofen.“

Nach meinem gestrigen Vorabbericht über die IFA nun ein ganz konkretes Beispiel, in unserer heutigen Tageszeitung mit undeutlichem Bild veröffentlicht. Ein Backofen neben dem anderen, quasi eine ganze Backofenwand, davor ein Mensch in einer heftigen Bewegung, vorgestellt als BSH-Manager Roland Hagenbucher. Vermutlich hat der gerade den schicksalsschwereren Ausspruch (siehe Überschrift) getan und vor den verblüfften Zuschauern geht die Klappe auf. Ich kann im Bild nicht genau erkennen, ob die Klappen auch noch einen Griff haben, für den Fall, dass Alexa mal schlecht drauf ist. Man will ja nicht verhungern oder nach zwei Stunden Wartezeit vor einem verkohlten Auflauf sitzen.

Lassen wir mal einfach den Vorteil (welchen überhaupt?) und die massiven Nachteile des smarten Backofens unbeachtet. Einfach nur eine Frage: Ist dem Hagenbucher diese komische Show eigentlich gar nicht peinlich? Wenn es sich nicht um einen Backofen handelte, sondern um einen künstlichen Hund, dann könnte man die Szene noch als unterhaltsamen Gag verstehen: „Alexa, heb‘ mal Struppis Beinchen.“ Aber für einen ernsthaften Gebrauch in der Küche?

Und noch etwas verstehe ich nicht. Es wird nachgefragt, was Kunden davon abhält, sich diese smarten Geräte in die Wohnung zu stellen. Immerhin 90% der Menschen hat (noch) Vorbehalte. was die Branche für verwunderlich hält. Ich wundere mich auch. Ich wundere mich darüber, dass jeder Zehnte so maßlos bescheuert ist, sich dieses nutzlose, aber dennoch gefährliche Zeugs in die Wohnung zu stellen. Ist unsere Gesellschaft drauf und dran, geistig zu veröden und trauen sich die Menschen nicht mehr zu, eine Klappe am Griff zu öffnen? [1] Es gab mal eine Redensart: Zu doof, um einen Eimer Wasser umzuschmeißen. Die Benutzer des SmartHome sind die Produkte der digitalen Verdummung.

Nach etwas mühsamer Recherche konnte ich feststellen, was die Abkürzung „BSH“ bedeutet: „Bosch Siemens Haushaltsgeräte“. Gewaltiges Unternehmen mit weltweiter Verbreitung. Und klarer Akzentuierung. Ja, die Leute von Bosch haben’s drauf; sie waren ja auch maßgeblich an der Programmierung von Abgas-Software für Dieselautos beteiligt. Allmächtige Software, richtig und gewinnbringend eingesetzt, darauf kommt es an. Viel Misserfolg, kann man nur wünschen.

[1] Kann ja sein, dass die 10 Prozent nur ihren technischen Spieltrieb befriedigen. Vielleicht sollten die sich mal überlegen, ob es nicht sicherer wäre, ihren Trieb an smarten, pinkelnden Kunststoffhunden auszutoben statt sich eine Wanze in die Wohnung zu stellen. – Für die Hiflosen im Umgang mit Backöfen hier noch die Gebrauchsanweisung: Griff mit einer Hand umfassen, dann Richtung Körper ziehen, dann geht auch eine analoge Klappe auf. Eine halbe Stunde Übung reicht, um den Handgriff sicher zu beherrschen. Na gut, digitalisierte Leute brauchen vielleicht 2 Stunden, aber dann hat’s jeder drauf. Garantiert. Und will den Komfort, einen von Alexa, Netz und Amazon unabhängigen Backofen zu haben, nicht mehr missen. Garantiert nicht.