In NRW gibt es ein neues Streitthema: Innenminister Herbert Reul will, dass die Polizei künftig in ihren Berichten auch die Nationalität von Tatverdächtigen angibt. Dagegen gibt es Widerstand – erwartungsgemäß. So wird befürchtet, dass diese Maßnahme gegen das Diskriminierungsverbot verstößt. Ferner wird ein Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht vermutet, denn immerhin gehöre die Nationalität zu den geschützten, personenbezogenen Daten. Andere wiederum befürchten einen Angriff auf die Integrationsbemühungen.
Ich denke, dass ich nicht im geringsten verdächtig bin, den Datenschutz auf die leichte Schulter zu nehmen, und wer gelegentlich in diesem Blog liest, weiß auch, dass ich mich immer vehement gegen die Diskriminierung von Ausländern, Menschen mit anderer Hautfarbe usw. gewandt habe. Ebenso kann ich guten Gewissens behaupten, dass ich kein Freund von einseitig auf Sicherheit bedachten Innenministern bin. Dennoch muss ich in diesem Fall mal die Position von Reul vertreten.
Zu den Irrtümern im Zuge der Digitalisierung gehört das Unverständnis darüber, welche Daten überhaupt schützenswert sind. Persönliche Daten, zu denen auch personalisierbare Sachdaten gehören, sind schützenswert, klar. Grundsätzlich erst mal. Aber es gibt Ausnahmen: die Adresse zum Beispiel, oder das Geschlecht. Das sind zwar persönliche Daten, aber öffentliche, die ohnehin nicht geschützt werden können. Schützenswert sind dagegen die privaten, persönlichen Daten. Das, was Facebook, Google oder Apple machen, das sind Verstöße gegen den Datenschutz. Aber das, was jeder sowieso erkennen kann?
In den Zeitungen liest man des öfteren Meldungen der folgenden Art: „Ein 26-Jähriger hat mit mit einem Messer …“ Ok, es interessiert hier nicht, was mit dem Messer gemacht wurde, aber ist nicht die Altersangabe eine Preisgabe persönlicher Daten? Und werden dadurch nicht die männlichen (!) Mitglieder der Altersgruppe 20 – 30 diskriminiert? Doch hierbei denkt niemand an Verstöße gegen den Datenschutz. Irgendetwas passt nicht. Die europäische Datenschutzgrundverordnung krankt daran, dass nicht hinreichend zwischen öffentlichen und privaten Daten unterschieden wird. Es gehört zu den Nebenwirkungen der Digitalisierung, dass der Schutz des Privaten immer mehr vernachlässigt wird, was andererseits zur Folge hat, dass öffentliche Daten mitunter krampfhaft unter einen Schutzschirm gestellt werden sollen.
Keine Frage, die sogenannten „Anderen“ in unserer Gesellschaft müssen vor Diskriminierung geschützt werden. Aber ist das Nichterwähnen der Nationalität das richtige Mittel? Schauen wir uns doch einfach mal die Reaktion von Mitmenschen an, die von einem Verbrechen erfahren, bei dem nichts über den Täter gesagt wird. Wie oft hört man bei solchen Gelegenheiten, dass man bei allem Verständnis für Flüchtlinge und Migranten dafür sorgen müsse, dass Deutschland mit den vielen Ausländern nicht überlastet werde. Viele unserer lieben Mitmenschen assoziieren Gewaltverbrechen fast automatisch mit Ausländern und ignorieren, dass immer noch die meisten Verbrechen in Deutschland von Deutschen begangen werden. Inzwischen sind viele Verantwortliche in unserer Gesellschaft der Meinung, dass für eine gerechte Beurteilung vor allem eine faktisch richtige und einigermaßen vollständige Information gehört. Ich denke, dass Migranten ein Recht haben, gerecht beurteilt zu werden. Man sollte der Bevölkerung die Möglichkeit dazu geben.