Arroganter Schnösel

In irgendeiner TV-Sendung, die sich kritisch mit China und der Unterdrückung Hong-Kongs befasste, wurde u.a. ein chinesischer Journalist befragt, der sich als außerordentlich systemfreundlich erwies. So richtig ein gelungener Gesandter des großen Bruders Xi Jinping: eloquent, tiptop angezogen, freundlich und gewinnend lächelnd. Also rundum smart.

Nun, was der Gute zum besten gab, war eigentlich vorhersehbar. Klar, das Sicherheitsgesetz sei ganz im Sinne eines fortschrittlichen, menschenfreundlichen China. Die Werte der chinesischen Bürger müssten schließlich vor dem schädlichen Einfluss zerstörerischer Elemente geschützt werden. Und dann fügte er noch süffisant hnzu: Im übrigen zeige ja auch die Corona-Krise, dass das chinesische System – im Gegensatz zu den westlichen Gesellschaftsformen – hervorragend funktioniere, denn die Pandemie sei in China problemlos gemeistert worden.

Dem Interviewer hat es nach dieser ziemlich arrogant vorgetragenen These die Sprache verschlagen. Gegenargumente konnte er nicht vorbringen, und somit blieb nichts übrig, als ohne ein weiteres Wort das Interview zu beenden.

Im Nachhinein, quasi als Treppengedanke, fiel mir ein, dass man solche Typen nur mit ihren eigenen Waffen schlagen kann. Man hätte ja die überdeutliche Kritik an nichtchinesischen Systemen aufgreifen und darauf hinweisen können, dass er, wenn man chinesische Maßstäbe anlegte, nun ein Fall für einen europäischen Haftrichter sei. Denn seine Kritik an westlichen Systemen sei genauso staatsgefährdend wie die Kritik der Demonstranten in Hong-Kong. Aber wir leben ja in einem Rechtsstaat, und da sollten solche rachsüchtigen Treppengedanken tabu sein. Einfach ignorieren und dem Land der Mitte den Rücken kehren wäre das beste, aber das geht ja auch nicht, denn Deutschland braucht China als Absatzmarkt. Die weltweite, wirtschaftlich-multilaterale Prostitution muss funktionieren, damit die Deutschen weiter in einem Land leben können, in welchem man gut und gerne lebt. Besonders die Reichen in Deutschland.