Das neue Amerika

Als feststand, dass der Wüstling das Weiße Haus räumen musste, da brach in vielen Staaten der Welt. vor allem in Deutschland, beinahe so etwas wie Euphorie aus: Mit Biden wird alles besser, da werden wir endlich respektiert, da können wir die Leitlinien unserer Politik wieder selbst ausrichten, so wie vor 4 Jahren.

Doch dann, nach etwas nüchternerer Einschätzung, die Erkenntnis, dass auch unter Biden nicht alles akzeptiert wird, was wir in Germany so treiben. Es sind vor allem drei Punkte, bei denen die Amerikaner, egal ob Republikaner oder Demokraten, nach wie vor völlig anderer Meinung sind als wir Deutschen:

  • Ausgaben fürs Militär in Höhe von 2% des Bruttoinlandproduktes
  • Nordstream II
  • Verhältnis zu China

Tja, was soll man da machen? In die Schmollecke kriechen? Nein, besser: Seien wir doch ehrlich und aktzeptieren wir, dass die Amerikaner in allen drei Punkten zu 100% recht haben.

Die sind die leidigen Militärausgaben. Klar, es gibt in Deutschland eine gewisse pazifistische Tendenz, und das ist gut so in Anbetracht unserer Geschichte. Aber wenn wir ein Verteidigungsbündnis eingehen, wenn wir uns im Verteidigungsfall auf die Hilfe unserer Bündnispartner verlassen wollen, dann müssen wir auch die Absprachen erfüllen, und zwar umgehend und ohne Abstriche. Punkt. Wenn wir militärische Verpflichtungen eingehen, dann reicht es nicht, in allen möglichen Ländern nur zu beraten und auszubilden. Dann kann der Schutz unserer Soldaten nicht das wichtigste Ziel sein, sondern wir müssen ihnen zeigen, wo am Gewehr der Abzugshebel sitzt, damit sie andere beschützen können.

Dann Nordstream II. Ich will mal nicht drauf eingehen, ob wir dauerhaft soviel Erdgas benötigen, dass dieses zweite Ostseerohr erforderlich ist. Es geht vor allem darum, eine solche Infrastruktur nicht ohne den Rat und die Zustimmung unserer Freunde in Europa und (neuerdings wieder) in Amerika aufzubauen. Sicher, in wirtschaftlicher Hinsicht war Russland bzw. die Sowjetunion immer vertragstreu, sogar zu Zeiten des Kalten Krieges. Verlässlicher jedenfalls als ein Trump-Amerika. Aber die Zeiten haben sich geändert. Das Putin-Russland scheut offenbar nicht davor zurück, die Gaslieferungen als Erpressungsmittel zu verwenden. Nicht denkbar? Einfach mal die Ukraine fragen, die Menschen dort haben einschlägige Erfahrungen. Das heißt natürlich nicht, dass sich Deutschland erpresserischen Drohungen seitens der USA beugen muss. Aber Trump ist ja weg, also …

Schließlich China. Gut, die Chinesen waren Trumps Lieblingsfeinde, aber Hass auf einen bestimmten Staat, mag dieser er noch so agressiv daherkommen, ist kein guter Ratgeber. Andererseits ist es auch kein guter Gedanke, nur die riesigen Absatzmärkte eines Landes zu sehen. Konzerne, die auf derartige Absatzmärkte angewiesen sind, sind alles andere als gesund, und das Argument, dass wir China brauchen, um im globalen Wettbewerb erfolgreich sein zu können, verrät Kurzsichtigkeit und einen eingeschränkten Sehwinkel. Es sind nicht die deutschen Konzerne, die China wirtschaftlich erobern, sondern vielmehr duldet China die deutschen Konzerne, solange sie dem Wirtschaftswachstum im Riesenreich nutzen. Und solange lächelt man die stereotypen Forderungen nach mehr Menschenrechten weg. Ist ja nur vorübergehend; irgendwann braucht man die ausländischen Firmen nicht mehr. Dann lässt man sie fallen, wie heiße Kartoffeln.