Hört mit dem Unsinn auf !

Wirklich, beendet endlich dieses lächerliche, ja geradezu peinliche Gender-Gap-Gehampel. Die Anliegen, die ihr damit verbindet, sind zu wichtig, als dass man sie mit einem derartig grotesken Sprachformalismus ins Lächerliche ziehen sollte. Egal, ob Stern, Unterstrich oder Doppelpunkt, sie gehören nicht in unsere Sprache und passen auch gar nicht hinein.

Dazu ein Beispiel, entnommen einem Infobrief des VDS. Der Audi-Konzern schreibt das Gendern vor, worüber sich ein Mitarbeiter des übergeordneten VW-Konzerns in seinem Sprachempfinden verletzt fühlte und sich gerichtlich gegen das Pflichtgendern wandte. So stand etwa in einer an ihn gewandten EMail:

Der_die BSM-Expertin ist qualifizierte_r Fachexpert_in …

Solche Sprachgebilde sind natürlich schon grotesk, abgesehen davon, dass das Gap-Gendern nicht richtig erfolgte. Genau müsste es heißen:

Der_die BSM-Expert_e_in ist qualifizierte_r Fachexpert_e_in …

Heißa, da gerät Sprache zum Brechmittel, und die nichtmännlichen Zeitgenossen lassen es über sich ergehen. Immerhin tapfer. Um auf die gerichtliche Auseinandersetzung zurückzukommen:  Ein Audi-Anwalt verteidigte sich damit, dass die Gendersprache von Experten gestaltet sei. (Anmerkung: Was die „Experten“ zustande bringen, zeigt die Rechtschreibreform.) Und natürlich wurde der Anwalt von der Gegenseite süffisant darauf hingewiesen, dass er nun die Expertinnen nicht berücksichtigt habe, ein grober Verstoß gegen die Gender-Regeln. Der Audi-Anwalt verteidigte sich mit dem Hinweis, dass jeder wissen könne, dass auch weibliche Experten gemeint seien. Darauf komme es doch an.

Haargenau, darauf kommt es an, und deshalb ist das ganze Herumgendern Quatsch.  Um noch einige amüsante Sprachtrümmer zu bringen:

„Er brachte es zur Meister_innen_schaft.“

Selbst eine Qualifikation hat auf einmal ein Geschlecht und unterliegt dem Gendern. Es reicht den Genderfanatikern offenbar nicht, dass eigenlich nur Lebewesen weiblich oder männlich oder wasweißich sein können. Selbst Staaten können auf einmal geschlechtliche Wesen sein, wie Sarah Pagung, ansonsten respektable Journalistin, vor kurzem in der ZDF-Heute-App  zum Ausdruck brachte:

… die G7-Staaten und Partner*innen …

Gemeint waren Partnerstaaten, sowohl weibliche als auch männliche. Natürlich auch Staaten mit sonstigem Geschlecht, so wie es die von Experten ausgearbeiteten Genderregeln definieren. Oder Staat_innen?

Nee, ich ägere mich nicht mehr über die Leute, die öffentlich herumgendern, dazu sind die derzeitigen wirklichen Probleme zu brisant. Ich betrachte die Gender*innen als Witzfiguren, ausgestattet mit einer beachtlichen Portion an sprachlicher Unter- oder Überentwicklung.

P.S.: Aufgrund  meiner langjährigen Programmiererfahrung bin ich gewohnt, sogenannte „Bezeichner“ nach Belieben zusammenzubasteln, z.B. ‚setInitialValue‘ oder ‚mp_privatAnschrift‘. Aber das ist was anderes, beim Gendern geht es um normale Alltagssprache. Soll man die mit fragwürdigen Gender-Gaps oder einer Häufung von Anglizismen vermanschen? Mir ist eben beim Herumschnüffeln in den Bücherregalen eine Ausgabe von Droste-Hülshoffs ‚Judenbuche‘ in die Hände gefallen, und erneut bin ich phasziniert von der sprachlichen Verdichtung, wie sie z.B. in dem Prolog zum Ausdruck kommt. Müssen eigentlich demnächst auch Schriftsteller und Dichter gendergerecht schreiben, um sich nicht dem Zorn von Genderfurien auszusetzen? Müssen wir gar die bestehende Literatur gendergemäß umformulieren? Beginnend beim Titel hätten wir also die Jüd_innen_buche. Oder so.

Mein Gott, die Welt steht am Abgrund, und wir zerbrechen uns den Kopf über lächerliche Sprachformalismen. Typisch deutsch? Oder typisch für Leute, die merken, dass der Boden unter den Füßen zu schlingern beginnt? Hinwendung zu Nebensächlichkeiten, wenn man mit dem Wichtigen und Notwendigen überfordert ist?

Imperialismus

An dieser Stelle habe ich vier Beiträge zum Ukraine-Krieg veröffentlicht und alle nach jeweils kurzer Zeit wieder gelöscht. Ich fand sie nicht gelungen; mir fehlen einfach die Worte, um das Geschehen einigermaßen angemessen zu beschreiben und zu bewerten. Vielleicht sollte man es wie Max Liebermann zum Ausdruck bringen, der vor rund 90 Jahren bemängelte, dass er nicht so viel essen könne wie er kotzen möchte. Doch die meisten Deutschen haben sich vom NS-Gebrüll einfangen lassen und den ekligen NS-Unrat in sich hineingestopft – ohne zu kotzen. Was ein bezeichnendes Licht auf die Natur des Menschen und die Robustheit seines Magens wirft.

Nein, es geht nicht nur um den mordgewohnten, ehemaligen KGB-Agenten Putin und seine Bande, es geht auch um die Haltung des sogenannten „Westens“. Als Anfang der 90er Jahre das Sowjet-Imperium zusammenbrach, da jubelte der Westen. Besonders in den USA war das Triumphgeheul laut: „Nun sind wir die einzige verbliebene Großmacht.“ Glückwunsch nachträglich, Blumen habe ich allerdings nicht zur Hand. Endlich, endlich war das Schreckgespenst des Westens, der imperialistisch ausgerichtete Kommunismus, besiegt. Und ein hemmungsloser Kapitalismus konnte weltweit aufblühen und zu einem globalen Wirtschafts-Imperialismus auswuchern. Globalplayer, Nummer eins in der Welt, heißa. Wohlstand über alles, so lange noch die Chance auf Ausbeutung besteht. Ausbeutung von Menschen, von Ländern; Ausbeutung unseres Planeten. Planet kaputt? Nicht schön, aber wir kriegen’s in den Griff, wir sind ja soo gut. Und, wie gesagt, Wohlstand …

Um noch einmal auf das Verhältnis zu Russland zurückzukommen. Wie immer, wenn etwas schief läuft, müssen Schuldige her, und die werden in der Vergangenheit gesucht. Die Politiker haben sicherlich vieles falsch engeschätzt und infolgedessen falsch gemacht. Aber die Medien, die heute über die Leute herfallen, haben sie vor wenigen Monaten noch gelobt, etwa wegen der Fähigkeit, Kompromisse zu schließen oder überlegte Realpolitik zu betreiben. Und die Wirtschaftsbonzen, die sich heute noch am Hosenbein Chinas festkrallen (wegen der tollen Gewinne), sind keineswegs bereit, loszulassen und eigene, weniger gewinnbringende Wege zu gehen. Wie gesagt, es geht um Wohlstand – und natürlich um Macht. Ja, vor allem um Macht. Wirtschaftsmacht, die neue Form des Imperialismus.

Als das Sowjetimperium zerfiel, da dachte der Westen nicht an die simple Wahrheit: Länder, mit denen man gut auskommen will, die besiegt und unterwirft man nicht, sondern macht sie zu Freunden, mindestens aber zu Verbündeten, auf Augenhöhe natürlich. Da kam nichts, man bot Russland einen Katzentisch an. An Empathie oder Mitleid für die gedemütigten Russen hat es dagegen nicht gefehlt, auch in Deutschland nicht. Besonders in Deutschland nicht. Denken wir an die Aktion „Ein Herz für Russland“ mit Lebensmittelpaketen  und Sonstigem. Geradezu wohltuend für die deutsche Seele – mächtig sein im Gutestun. Ah, das tat wirklich gut. Und da uns die Volksgesundheit der Russen so sehr am Herzen lag, wurden keine Zigaretten mitgeschickt. Mein Gott, wie peinlich war das alles. Und heute? Wieder so eine Peinlichkeit: Helme für die Ukraine.

Auch auf China muss ich noch mal zurückkommen, genauer gesagt: auf Xi Jinping. Machen wir uns nichts vor, der Knabe ist (mindestens) so skrupellos wie der KGB-Wladimir. Aber noch berechnender, dabei eiskalt und hart wie Stahl. Ich glaube nicht, dasś es jemals einen kälteren, unerbittlicheren Machtpolitiker gegeben hat oder geben wird. Für die Deutschen eine weitere Gelegenheit, gründlich das Falsche zu tun. Die Abhängigkeit von China ist (mindestens!) so groß wie die von Russland. Und nicht zu vergessen: Auch China hat seine Krim, nämlich Hongkong. Auch China hat seine Ukraine, nämlich Taiwan. Auch China rüstet militärisch auf, mindestens so stark wie Russland. Man darf gespannt sein. Und: Wenn dem russischen Regime die eigene Bevölkerung egal ist, so egal, dass man sie man sie nach Strich und Faden belügt oder in der Ukraine verheizt, dann gilt das für China erst recht. Komfortproblem, man hat ja genügend Menschenmaterial, das man gleichschalten kann, dem man die für das Menschsein entscheidenden Freiheiten verwehren kann.

Russland und China, das sind nur zwei prominente Beispiele von Ländern, deren Verhältnisse (=Führer) Wut und Brechreiz auslösen. Bis an die EU oder sogar hinein haben sich solche Banausen vorgewagt. Ja, Max Liebermann, du hast es wirklich auf den Punkt gebracht, und deine Äußerung ist wahrlich zeitlos.