An der Leine geführt

Deutlich mehr als 30% der Bevölkerung benutzt eine Smartwatch oder irgendeinen Fitnesstracker, oft kombiniert mit dem Smartphone, um sich fit und gesund zu halten. Es stört diese Leute nicht, dass sie ihre intimsten Merkmale wie Herz- und Atemfrequenzen, Motivationsschwächen (Arsch-nicht-hoch-kriegen-Koeeffizient), Lastergewohnheiten usw. im Netz veröffentlichen. Etwa 40%, wozu auch ich gehöre,  lehnt so etwas kategorisch ab; der Rest ist „aufgeschlossen“.

Ich denke, vielen dieser digitalisierten Mitmenschen ist gar nicht bewusst, dass sie sich mit diesen smarten Impulsgebern wie Köter an der Leine herumführen lassen. Heißa, jetzt geht’s Gassi, ob es regnet oder windet, ob du Lust hast oder nicht. Es fehlen ja noch 3478 Schritte an dem, was Herrchen für deine Gesundheit als notwendig erachtet. Und bitte keine Widerspenstigkeit, die Krankenversicherung beobachtet mit.

Ein anderer Vergleich, der mir angesichts der mit smarter Technik durch die Gegend gejagten Zeitgenossen einfällt: Sie sind wie Fahrradfahrer, die nur mit Stützrädern zurechtkommen. Leute, die verlernt haben, sich selbständig und frei zu bewegen – oder es noch nie gekonnt haben. Moderne Form des fremdbestimmten Lebens.

Es gibt weitere, noch wesentlich plastischere Beispiele, die man hier anführen könnte, doch die will ich lieber nicht ausmalen. Aber ich will eines der Kernprobleme der Digitalisierung auf den Punkt bringen: Sie nimmt den Menschen einiges ab (die Digitalisierer nennen’s „Komfort“), aber auf der Strecke bleiben Selbständigkeit, Freiheit, Charakterstärke, Entscheidungsfreude und und und … Es gibt Dinge, auch unbequeme, die muss man den Menschen lassen, sonst verkümmert einiges, und das ist nicht ungefährlich.

Ach, ja, Sportmediziner sehen in diesen Dingern eine Hilfe, um den eigenen Körper zu beobachten. Ja, mag für Hochleistungssportler ganz nützlich sein, um die Grenzen auszuloten, doch bei Menschen ohne Medaillenambitionen kommt es vielmehr darauf an, die körpereigenen Messgeräte zu benutzen. Dann wird aus Sport und Bewegung eine befreiende Aktivität, die sich auch auf Verstand und Psyche positiv auswirkt. Allerdings, wenn man keinen Verstand mehr hat, den es gesund zu halten gilt, und unter Gesundheit nur das Funktionieren von Körperorganen versteht, dann sind die Dinger genau richtig. Womit ich (noch) nicht so weit gehen möchte, alle Menschen mit erkennbar am Körper getragenem Fitnesstracker als hirnlos zu bezeichnen. Nein, man kann sich ja einfach nur irren oder auf eine dumme Masche hereinfallen. Letzteres ist wohl sehr häufig der Fall.

Trampeltier Trump

Wenn die Demokraten bei der nächsten Wahl gewinnen würden, gäbe es weltweit ein hörbares Aufatmen. Es gab in den USA gute und schlechte Präsidenten, aber Trump bildet das Schlusslicht, uneinholbar. Es ist für mich schlichtweg nicht vorstellbar, dass es noch einmal einen derartig miserablen Präsidenten geben wird.

Was ist das eigentlich für ein Mensch? Nur die auffälligsten Merkmale:

Trump ist ein Exzentriker und Egomane, er ist ein Lügner, Vertragsbrecher, Erpresser Nationalist, Klimazerstörer, Rassist u.v.m. Vor allem ist er politisch ziemlich unfähig. Es ist schon erstaunlich, wieviel negative Eigenschaften sich auf eine einzige Person konzentrieren können. Aber natürlich hat der Typ auch seine guten Seiten, wie fast jeder Mensch. Ich kann mir vorstellen, dass man mit ihm ganz gut Kirschen klauen oder schmutzige Witze austauschen kann. Es muss ja nicht jeder ein Tugendbold oder ein gesellschaftliches Vorbild sein. Nur – der Typ gehört nicht ins Weiße Haus, sondern an einen Stammtisch.

Also liegt die Schuld (und die Verantwortung für das, was Trumpi zerstört) bei den amerikanischen Wählern. Obwohl – ich habe da durchaus meine Zweifel. Denn viele wollten einfach wieder einen handfesten Republikaner als Präsidenten. Also sind die Republikaner, die verbissen an ihrem Kandidaten festhalten, verantwortlich für die Misere, nicht wahr. Oder?

Nee, der wahre Schuldige ist ein Demokrat, nämlich Barak Obama. Erinnern wir uns: Die Gegnerschaft zwischen Demokraten und Republikanern war im Laufe der amerikanischen Geschichte oft sehr heftig, aber wenn es um die Belange des Landes ging, kam es letzten Endes fast immer zu Einigungen. Bis eben Obama ins Weiße Haus einzog. In kürzester Zeit wandelten sich die Republikaner von politischen Gegnern zu hasserfüllten Feinden, die sogar die schon überwunden geglaubte Abneigung gegen farbige Bürger neu entdeckten. Die Tea Party wurde ins Leben gerufen, und in den scheinmoralischen Sümpfen einiger Staaten brannten wieder die Kreuze der neuen Ku-Klux-Klan-Bewegung. Klar, wenn der Präsident ein verhasster Farbiger ist.

Und so war es das erste und wichtigste politische Ziel des Trump (und mit ihm der Republikaner), restlos alles zu beseitigen, wass der Obama bewirkt hatte. Restlos. Aber hätte Obama sich das nicht denken können? War es nicht eine arge Dreistigkeit, als Farbiger für den Job eines amerikanischen Präsidenten anzutreten und im Wahlkampf noch Aufbruchstimmung und Zuversicht zu verbreiten? Darf ein Farbiger das wirklich? Ein Farbiger hat sich doch unterzuordnen, oder?  Und Obama kann sich nicht rausreden, er wusste genau, dass er dunkelhäutiger als die rechtschaffenen, republikanisch gesinnten Amerikaner ist, denn er hat ja bestimmt schon mal in den Spiegel geschaut.


Ich bitte um Entschuldigung für die auf die Spitze getriebene Ironie. In Wirklichkeit war Obama, trotz der Fehler, die natürlich auch ihm unterliefen, eine Lichtgestalt, verglichen mit dem derzeitigen Trumpeltier. Nein, in Amerika muss einiges neu geordnet werden, und den größten Ordnungsbedarf haben zweifellos die Republikaner. Ich persönlich würde am liebsten die ganze derzeitige Besetzung des Weißen Hauses in eine Rakete stecken und auf den Mond schießen. Und das möglichst schnell, denn was haben die nicht schon alles kaputt gemacht, bis hin zur ernsthaften Gefährdung des Weltfriedens. Ach ja, und dieser amerikanische Botschafter in Germany, dieser dreist-unverschämte Herr Grenell, gehört natürlich auch in die Rakete zum Mond. Also bitte nicht auf der Rampe vergessen.

Ich bin entsetzt

Nein, nicht über Trump oder sein schlimmes Auftreten in Davos. Das ist bekannt, und dass Trump nicht nur ein Trampeltier, sondern ein ausgesprochener Klima-Bandit und politischer Wüstling ist, sollte inzwischen auch jedermann kapiert haben. Er scheut ja nicht mal davor zurück, Europa zu erpressen, wenn es hier eine andere Meinung gibt als die aus dem Weißen Haus herausgebrüllte.

Nur sollten die Europäer das auch sagen dürfen – nein, müssen. Wenn es um das eigene Rückgrat geht (das braucht man, verdammt noch mal), stößt Diplomatie an ihre Grenzen, und die müssen aufgezeigt werden. Ständiges Ducken stärkt nur das Rückgrat des ohnehin schon breitkreuzigen Stammtisch-Politikers in Washington.

Meines Wissens hat es nur einer „gewagt“, das von Trump geprägte Verhältnis der USA zu Europa (auf)richtig zu bezeichnen, wenn auch sehr verhalten: Robert Habeck. Prompt erntete er Kritik, indem man ihm unterstellte, er leiste einem Antiamerikanismus Vorschub. Dabei hatte er hauptsächlich den Auftritt Trumps in Davos als desaströs bezeichnet und ihn als Gegner dahingestellt, was ja faktisch richtig ist.

Was mich regelrecht entsetzt hat, ist die Art und Weise, wie deutsche Politiker nun Robert Habeck abkanzeln. „Schädlich“ nannte Kramp-Karrenbauer Habecks Äußerungen. Und Norbert Röttgen, ebenfalls CDU, attestierte Habeck eine „erschreckende außenpolitische Einfältigkeit“. Und natürlich war es auch Lindner (FDP), der über seinen Intimfeind Habeck herzog.

Ich sag‘ es rundheraus: Wenn diese Kritik an den berechtigten Äußerungen Habecks ein Licht auf die politische Haltung einiger CDU- Und FDP-Politiker werfen sollte, dann kann man sich nur wünschen, dass AKK niemals Bundeskanzlerin wird und die FDP wieder unter die 5% rutscht.

Opfer und Täter

In der Tageszeitung fiel mir neben den beschriebenen Stellen (siehe vorangegangenen Beitrag) eine weitere Textstelle auf, auf die ich aber gesondert eingehen möchte. Es ist ein Statement von Frau Merkel im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZs Auschwitz. Merkel nimmt die Ereignisse der NS-Zeit zum Anlass, Menschlichkeit zu fordern. Eigentlich wunderbar, diese Forderung, und kein Grund, daran Kritik zu üben. Ich will auch nicht die Forderung nach Menschlichkeit kritisieren, in keiner Weise. Was mich stört, ist die Einseitigkeit dieser Forderung.

Menschlichkeit und Nazi-Verbrechen. Danke, Frau Merkel, dass Sie mir auf diese Weise mitgeteilt haben, dass das Nazi-Regime unmenschlich war. Ist doch wichtig zu wissen. Diese sarkastische Anmerkung fiel mir spontan ein, doch das Thema ist zu sensibel, um es ironisch anzugehen. Also zurück zur sachlichen Ebene.

In der letzten Zeit haben die Aufarbeiter die Opferrolle entdeckt. Man denkt, wenn es um das Mobbing in den sozialen Medien geht, nun vor allem an das Leid derjenigen, über die die Meute herfällt. Oder der Missbrauch in den Kirchen. Neuerdings stehen vor allem die traumatischen Erlebnisse der Opfer im Vordergrund. Es gibt weitere Fälle von Fokussierung auf die Opfer, einfach nur mal etwas rumschauen. Und genau da reiht sich auch die Forderung von Merkel ein: Nazi-Verbrechen als Unmenschlichkeit gegenüber den Opfern und das Leid der vielen, vielen Opfer. Ja, dessen muss man sich immer bewusst sein, keine Frage.

Aber: Mitgefühl ist zwar nötig, Entschuldigungen sind unumgänglich, doch je weniger man unmittelbar an den Verbrechen beteiligt war (es gibt ja nur noch eine historische Schuld, die allerdings nie endet) desto leichter geht eine Entschuldigung über die Lippen. Mehr noch, eine solche Entschuldigung, verbunden mit echter Zerknirschung, ist letzten Endes ein Zeichen von Größe.

So wichtig die Beachtung der Opfer ist, die Aufarbeitung der Täterrolle ist noch wichtiger. Und diese Aufarbeitung ist hart und kann nicht mit Entschuldigungen aus der Welt geschafft werden. Sie muss ständig geleistet werden, schnörkellos und konsequent. Das Kernfrage der Aufarbeitung der NS-Zeit ist klar: Wie konnte es geschehen, dass ein Volk sich an derartigen Verbrechen beteiligte? Dabei waren die Konzentrationslager zwar die Zentren der Verbrechen (neben den Orten der vielen SS-Massaker), für die Aufarbeitung heute sind meines Erachtens die Progrome der „Kristallnacht“  viel aufschlussreicher, weil sich hierbei alles unter den Augen der Bevölkerung abspielte.

Einer Bevölkerung, die um keinen Deut besser oder schlechter war als die Bevölkerung heute. Und so kann es eigentlich nicht verwundern, dass Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit wieder aufleben. Spannender ist die Frage, warum es nach dem Krieg einige Jahrzehnte gab, wo Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus keine bemerkenswerte Rolle spielten. Oder soll man sagen: keine bemerkte Rolle spielten? Ich will hier nicht auf die Ursachen des Antisemitismus eingehen, dass können Historiker besser.

Nur so viel: Der in Jahrhunderten in Europa gewachsene und besonders in Deutschland stark ausgeprägte Antisemitismus ist fest im Unterbewusstsein der Gesellschaft verankert und lässt sich nicht mit wenigen Maßnahmen überwinden. Selbst in einer oberflächlich gesunden und menschlichen Gesellschaft ist Antisemitismus latent vorhanden und wartet nur auf Gelegenheiten zum Ausbruch. Wenn es in der Gesellschaft tolerant und friedlich zugeht, dann heißt das zunächst, dass antisemitische und fremdenfeindliche Tendenzen entweder keine Gelegenheit haben, an die Oberfläche zu brodeln, oder dass die Menschen ganz einfach mit positiven Herausforderungen ausgelastet sind. Wenn letzteres allerdings scheitert und Hoffnung sich in Entmutigung umkehrt, dann öffnen sich schnell die Luken zu den schlummernden, bösen Instinkten der Gesellschaft. Pegida ist eine Bewegung, die sehr viel mit Antisemitismus zu tun hat.

Natürlich geht es auch darum, antisemitische Tendenzen unter Verschluss zu halten und daran zu arbeiten, dass dieses Gift sich langsam verflüchtigt. Nur aufblühen darf Antisemitismus auf keinen Fall, denn das wirkt wie eine Frische-Kur. Folglich muss es das Bestreben sein, die Verbreitungswerkzeuge stumpf zu machen. Diese Werkzeuge, wozu in erster Linie die digitalen Medien gehören, sind Waffen, und Waffen entschäft man oder – man verbietet sie.

Ja, Frau Merkel, daran müssen wir arbeiten.

Wirtschaftsmacht

In der heutigen Ausgabe unserer Tageszeitung sind mir zwei Stellen aufgefallen, auf die ich kurz eingehen möchte.

Da ist zunächst der Kommentar von Holger Möhle, der sich mit dem Treffen in Davos befasst. Ok, Greta vs. Donald, das meine ich aber nicht. Der Kommentator legt dar, dass der dauerhafte wirtschaftliche Erfolg nur gelingen kann, wenn die Folgen der Klimaveränderung nicht weiter ignoriert werden. Überaus vernünftig, dieser Gedanke. Dennoch hakt es in seiner Argumentation an einigen Stellen. Beispiel: “ … weil sie (die Wirtschaftsbosse) längst verstanden haben, dass die Erderwärmung Ressourcen beschneiden […] kann, wenn sie nicht handeln.“ Ist es nicht umgekehrt, nämlich dass die Ausbeutung der Ressourcen die Erderwärmung befeuert? Eine solche,  entgegengesetzte Sichtweise stellt allerdings viel unmittelbarer die Wirtschaft und damit die Menschen als Verursacher in den Vordergrund, was wirtschaftlich nicht sonderlich attraktiv ist. Also wird es wirtschaftsgerecht umgestülpt.

An anderer Stelle schreibt er: „Märkte brauchen Wachstum. Und Wachstum gibt es nur mit einer einigermaßen intakten Erde.“  Natürlich ist diese Aussage Blödsinn, doch ich überlasse es dem logischen Denken des Lesers, die Bruchstellen in der Argumentation herauszufinden. Aber derartige Ansichten sind tief im Denken der Wirtschaftsvertreter verankert und verhindern letztlich, dass die entscheidende Frage nach der wirklichen Ursache des Dilemmas gestellt wird. Diese Frage würde nämlich das ganze System in Frage stellen, ein System, in dem man sich doch schon so behaglich eingerichtet hat.

Die zweite Stelle in der Zeitung, die mir auffiel, ist ein Kurzbericht mit futuristisch anmutendem Bild: „Künstliche Intelligenz bietet enormes Wachstumspotential für Deutschland“. Worum es geht, ist schnell umrissen: Wachstum durch Digitalisierung, insbesondere durch KI, und Schaffung günstiger Rahmenbedingungen durch Beseitigung von Hindernissen, wie sie zum Beipiel in Form der Europäischen Datenschtutz-Grundverordnung bestehen. Die Prognosen basieren auf einer Studie des Verbands der Internetwirtschaft und der Unternehmensberatung Arthur D. Little. Klar, worum es den Initiatoren der Studie ausschließlich geht, doch es könnte sich lohnen, mal auszumalen, was mit der Welt geschähe, wenn man diese Leute von der Leine ließe.

 

Engagement

Immer mehr Politiker, insbesondere auch Medienvertreter, fordern ein stärkeres europäisches Engagement in der Welt. Vor allem das wiedererstarkte Deutschland müsse sich stärker einbringen, könne nicht dauernd am Spielfeldrand stehen und zuschauen. Für das geforderte Engagement, das vor allem ein Ausdruck von nationaler oder europäischer Macht und Stärke ist, gibt es tolle Umschreibungen. Man solle „Verantwortung übernehmen“ oder „positive Einflüsse geltend machen“.

Jawoll !

Und das tut Deutschland zum Beispiel im Irak. Nein, nicht direkt mit Schießgewehren, obwohl dieselben eine gewisse Rolle spielen. Man bildet nämlich irakische Soldaten aus. Hu, da kann der reichlich vorhandene Erfahrungsschatz der Bundeswehr so richtig nutzbringend angewandt werden. Sofern natürlich die deutschen Schießgewehre mitmachen und keine Ladehemmungen zeigen. Oder sofern die deutschen Panzer sich bewegen lassen. Vielleicht liegt genau hier die Raffinesse: Die deutschen Soldaten lassen sich von den Irakern unter Verwendung irakischen Materials ausbilden.

Gewusst wie !

Aber dann gibt es noch ein Problem. Im Irak wird schon mal ernsthaft geballert, und die herumfliegenden Munitions- und Trümmerteile bringen unsere Leute in Gefahr. Man überlegt, ob man sie nicht aus Schutzgründen in die Heimat zurückrufen sollte. Aber nicht doch! Es gibt noch eine andere Lösung. Wie wär’s, wenn man zum Schutz der deutschen Ausbilder Soldaten ins Krisengebiet schicken würde? Die sind nämlich für solche gefährlichen Sachen ausgebildet.

Oder ?

Fazit (ohne Ironie): Peinlich und lächerlich ist nicht nur die Ausbildungsaktion, sondern vor allem die Ernsthaftigkeit, mit der Politiker das Theater als hilfreich anpreisen. So, als könnten 120 deutsche schutzbedürftige Alibi-Soldaten das Weltgeschehen auch nur um Millimeter zurechtrücken. Womit ich nicht sagen möchte, dass deutsches Militär mit Waffen eingreifen soll, um Himmels Willen, nein. Es gibt schon genug waffenschwingende Fremdlinge in der Region. Vielleicht ist die Zuschauerrolle gar nicht so schlecht. Besser jedenfalls als einer Führerrolle (pardon: Führungssrolle) in Krisengebieten.

Ach ja, das freie Internet

Wenn man so anschaut, was da im Internet, vor allem in den digitalen Medien, so abgeht, dann kann man sich eigentlich nur schütteln. Da wird mit Hassbotschaften nur so um sich gespritzt; da mobben sich Kinder bis zur Ausweglosigkeit und Verzweiflung; da ist das Zerstören (Hacken) zu einem Sport geworden (olympisch?); da werden Meinungen nach Belieben in gewünschte Richtungen gesteuert; da tauchen die Menschen ab in eine digitale Parallelwelt und vergessen, dass sie im Grunde nach wie vor analog kacken müssen (wie lästig und rückständig); da werden Wahrheiten nicht mehr von Tatsachen, sondern von Wünschen und Zielen definiert. Usw, usw.

Und dennoch klebt die Menschheit am Netz, vor allem die jüngere Menschheit. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen pochen auf ihr Recht auf freie Benutzung des Netzes und denken kaum noch daran, dass die ältere Generation es war, die das Netz geschaffen hat. Aber wenn Stimmen laut werden, Regeln im Netz einzuführen, dann wird lauthals protestiert und die Freiheit des Internets heraufbeschworen. Wiederum: hauptsächlich von der jungen Generation.

Doch was ist das eigentlich, diese heißbegehrte und mit größtem Einsatz geforderte „Freiheit des Internets“? Etwa das Recht, alles sagen und machen zu dürfen, was das Netz hergibt? Das kann es nicht sein, denn daraus ergeben sich ja die oben aufgezählten Missstände. Vielleicht sollten wir erst mal fragen, was Freiheit überhaupt ist. Nach meiner Beobachtung ist das vielen Leuten gar nicht soo klar.

Freiheit – dahinter steckt zunächst mal ein Freiraum, in welchem man so agieren kann, wie man es möchte oder wozu man sich verpfichtet fühlt. Der freie „Raum“ ist dabei nicht wörtlich zu nehmen, es kann sich um ein irgendwie geartetes Betätigungsfeld handeln. Klar, im Kittchen hat man nicht den Freiraum, lange Spaziergänge an frischer Luft zu machen, und sagen kann man ebenfalls nicht überall das, was einem auf der Zunge brennt. Freiräume sind nötig, aber logischerweise auch begrenzt. Eine starke Einschränkung der Freiräume erfolgt durch Kontrolle und Überwachung. Wer sich beobachtet fühlt, kann nicht mehr wirklich frei agieren, ein Grund, warum der Schutz der Privatsphäre so extrem wichtig für eine freiheitlich orientierte Gesellschaft ist. Interessanterweise ist es das von den digitalen Freiheitskämpfern so heiß verteidigte Internet, das die privaten Freiräume bedroht, zum Beispiel über das SmartHome.

Doch Freiraum ist nicht alles, was Freiheit ausmacht, vielleicht nicht mal das Wichtigste. Soziologen, Theologen usw., praktisch alle, die sich für ein moralisches Verhalten einsetzen, bringen im Zusammenhang mit Freiheit die Verantwortung ins Spiel, quasi als Komponente einer besonders wertvollen Form von Freiheit. Ich möchte noch weiter gehen und die Verantwortung nicht nur als ethische Überhöhung sehen, sondern als unabdingbarer Bestandteil von Freiheit. Es gibt m.E. keine Freiheit ohne Verantwortung. Dort, wo man konsequenzfrei agieren kann, herrscht vielleicht sowas wie Anarchie, aber keine echte Freiheit. Es gibt eine bezeichnende Standardformulierung, die man auf alles Mögliche beziehen kann: „Er (sie, es) wurde in die Freiheit entlassen.“ Man könnte genau so gut sagen: „Er (sie, es) wurde in die Eigenverantwortlichkeit entlassen.“

Jetzt müsste deutlich werden, warum es im Internet, so wie es sich zur Zeit darstellt, überhaupt keine Freiheit gibt. Das Internet ist auf Anonymität getrimmt, und wenn persönliche Daten verarbeitet werden, dann geschieht das im Hintergrund, meistens unbemerkt und heimlich. Wer sich zu Wort meldet, tut es in der Regel über einen willkürlich zusammengebastelten Nutzernamen, und wer irgendeinen Inhalt „teilt“, also weiter verbreitet (verfielfacht), tut es ohne zu wissen, wo der Kram schließlich landet. Mit verantwortlichem, medialen Verhalten hat das nichts zu tun.

Aber auch der Freiraum, auf den sich viele Freiheitskämpfer gerne beschränken, ist im Internet bedroht, und zwar auf zweifache Weise. Zum einen durch den Benutzer: Wer etwas zwanghaft tut, handelt nicht frei. Wer ständig auf der digtialen Plattform herumklickt und unruhig wird, wenn er die digitalen Pseudokontakte für längere Zeit unterbrechen muss, der ist abhängig und nicht frei. Zum anderen gibt es die Bedrohung durch die Digitalkonzerne und die Firmen bzw. Institutionen, an welche die Daten weiterverkauft werden. Diese Dunkelgestalten im Hintergrund steuern die Informationen und Angebote, und zwar so, dass sie selbst größtmöglichen Profit erzielen und die Adressaten sich in einer medialen Komfortzone wähnen. In Wirklichkeit sind sie lustvoll herumzappelnde Marionetten, alles andere als frei.

Was soll das also, dieses Verlangen nach Freiheit im Internet? Vielleicht meinen die Verfechter dieser eingebildeten Freiheit ja so etwas wie einen Raum, in dem es regel- und verantwortungsfrei, also anarchisch zugehen kann. Ein Raum, in dem man nach Herzenslust herumtoben kann, sicherlich auch einige nützliche Dinge erledigen kann. Das ist zwar keine Freiheit und hat auch nichts mit dem zu tun, was Journalisten unter Meinungsfreiheit verstehen, befriedigt aber womöglich ein Grundbedürfnis von Menschen. Vielleicht sollten wir nicht so kleinlich sein und uns an dem Missbrauch des Freiheitsbegriffs nicht stören. Und ich persönlich kann mich nicht darüber beschweren, dass man mir mediale Dreckklumpen an den Kopf wirft. Denn ich meide konsequent alle digitalen Rummelplätze. Die Freiheit habe ich nämlich, und einen solchen „Verzicht“ kann ich gut verantworten.

 

Preisfrage

Klaus Kleber brachte es vor einigen Tagen auf den Punkt: So toll die Digitalisierung auch sein mag, wir bezahlen einen hohen Preis dafür. Das stimmt: Wir müssen mit argen Zersetzungserscheinungen in der Gesellschaft leben, wir müssen die Wertverluste verdauen (auch Grundwerte), und wir müssen die Gefahren sehen, die im Internet lauern. In der Tat, wenn es zu einem ernsthaften Konflikt zwischen Großmächten kommen sollte, können ganze Staaten alleine übers Netz lahmgelegt und ausgelöscht werden. Da nützen auch keine noch so ausgeklügelten Passwörter oder Verschlüsselungsmaßnahmen. Atomwaffen sind harmlos dagegen. Russland und China haben sich abgesichert, indem sie ihre nationalen Netze vom allgemeinen Internet abgekoppelt haben bzw. die Abkopplung mit einem Handgriff erledigen können.

Ja, der Preis für die Digitalisierung ist hoch, sehr hoch, eigentlich zu hoch. Was machen wir normalerweise, wenn wir feststellen, dass eine Ware zu teuer ist? Ganz einfach, wir kaufen sie nicht. Warum wenden die Menschen diesen gesunden Grundsatz nicht auf die Digitalisierung an? Warum weigern sich die Leute zu erkennen, dass das Internet nicht die Lösung für alles ist? Warum legen wir bei der Gestaltung des vom Grundsatz her durchaus leistungsfähigen Internets nur technische, keine gesellschaftlichen oder humanen Kriterien an? Irgendwie scheint die Menschheit mit Blindheit geschlagen zu sein, wenn’s um die Verehrung des Götzen Internets geht. Sie lässt sich von Vorteilen einlullen, die zum großen Teil nur lächerlich sind.

Ein Beispiel dafür las ich kürzlich in irgendeiner Zeitung. Da bedauerte jemand den nur schleppenden Einzug smarter Technik in deutsche Haushalte. Das sei schade, da ja solche Haushaltsgeräte, zum Beispiel smarte Kühlschränke, ein enormes Potential an Energieeinsparung böten. Leider hat der Mensch nicht erklärt, wie er erreichen will, dass das Internet meine Wurst und meine Milch kühl hält. Ich dachte immer, dafür seien Energie, eine gute Isolation und ein zuverlässig funktionierender Thermostat zuständig. Aber möglicherweise irre ich mich. Kann ja sein, dass man Wärmeenergie auch übers Netz abführen kann – exakt berechnet. Nach landläufiger Meinung kann das Internet ja alles. ALLES.

Absurde Preise

Ich glaube, ich habe schon mal meine Meinung zur modernen Preisgestaltung gesagt. Deshalb hier nur ein kleiner Nachtrag, weil mir eben ein Prospekt von einem Telefon- und Internetanbieter aus der Zeitung rutschte. Bevor ich das Ding in den Papierkorb werfe, schnell einige Preise daraus:

DSL mit Flatrate usw. monatlich 19.99 Euro
TV-Home-Tarif monatlich 9.99 Euro
iPhone 11 Zuzahlung 49.99 Euro

9.99 Euro, 19.99 Euro, 49.99 Euro – so kommen fast alle Preise daher, nicht nur von dem Telefonanbieter. Für diese absurden Zahlen gibt es m.E. drei Erklärungen:

  1. Die Kunden sind so doof, dass sie gar nicht merken, wie sie verarscht werden. Wenn jemand sagt (3. Preisangabe): „Das kostet weniger als 50 Euro“, dann haben wir so einen plattgeistigen Doofi vor uns.
  2. Die Preisgestalter halten die Kunden für doof genug, um sie mit solchen Preisen betören zu können. Wodurch sie womöglich bekunden, dass sie selbst so doof sind. Doof genug, um die Peinlichkeit einer derartigen Preisgestaltung gar nicht zu registrieren.
  3. Die Kunden haben sich dran gewöhnt und stören sich nicht mehr daran. Das ist die schlimmste der drei Erklärungen, denn sie zeugt von der Manipulierbarkeit der Massen. Wenn die Welt an die Scheiße gewöhnt ist, in der sie lebt, nimmt sie den Geruch kaum noch wahr.

Ich bitte, die Kraftausdrücke zu entschuldigen. Ich habe lange nach harmloseren Ersatzausdrücken gesucht, aber kaum etwas Passendes gefunden. Sicher, anstatt von einem „Doofi“ könnte man von „geistig schwach ausgestatteten Menschen“ sprechen, was ziemlich umständlich ist. Oder einen Vergleich heranziehen, denn Vergleiche sind sehr anschaulich. Also nicht „Doofi“, sondern ein „Mensch mit Ähnlichkeit zu D.Tr.“. So in der Art. Immerhin hat man beim Vergleichsverfahren die große Auswahl.

Entschuldigung, Ludwig

Klaus Kleber bekam im Heute-Magazin regelrecht glänzende Augen, als er über den Fall berichtete, und seine Stimme zitterte beinahe vor Ehrfurcht, als er in dem Zusammenhang von „künstlicher Intelligenz“ sprach. Worum ging es?

Man ist dabei, mit Hilfe von KI die Fragmente von Beethovens 10. Symphonie zu einem geschlossenen Musikwerk zu ergänzen. Offensichtlich gelingt es recht gut, wie Musiker bestätigen. Dass so eine Initiative auch Kritiker auf den Plan ruft, ist nur verständlich. Ich gehöre zu den Kritikern und sage es direkt: Was hier abläuft, ist ein ganz schlimmes Vergehen an einem unserer bedeutendsten Komponisten. Man muss sich mal vorstellen: Das Werk Beethovens ist so billig, dass man es auch künstlich erzeugen kann. Natürlich sagen die Initiatoren, dass man die genialen Gedanken Beethovens ja aufgreife und nur in seinem Sinne vervollständige.

Aber kann man das? Wer weiß denn wirklich, was Beethoven sich dabei gedacht hat, und warum das Werk nur stückweise vorliegt? Ist er sich über das Gesamtwerk überhaupt schon schlüssig gewesen? Und sind die Fragmente bereits fertig geworden oder sollten sie vom Komponisten noch mal überarbeitet werden? Und sind Algorithmen überhaupt imstande, wie der Komponist selber an das Werk heranzugehen? Ein Werk wird immer von einer Idee getragen, doch gibt eine reine Mustererkennung soviel her?

Machen wir uns nichts vor: Das Ganze mag zwar wie von Beethoven klingen, ist aber künstlich und zufällig. Beim nächsten Durchlauf wird wahrscheinlich ein völlig anderes Ergebnis präsentiert. Alle Beethoven? Und selbst wenn sich der Algorithmus auf ein festes Ergebnis stabilisieren sollte, dann würde er (der Algorithmus) sich selbst als unintelligent und starr entlarven – und somit als unfähig, kreativ zu sein. Komponieren ohne Kreativität?

Hier zeigt sich die Hybris des KI-Kultes. Selbst die Werke von genialen Menschen werden entwertet, zu beliebigen IT-Produkten geschrumpft. KI kann Muster erkennen (lernen), keine Frage. Und somit ist es auch möglich, harmonische und rhythmische Motive herauszukristallieren und zusammenzufügen, so wie der Komponist es vielleicht in ähnlicher Form gemacht hätte. Vielleicht – hätte – ähnlich – das hat nichts mit der Genialität eines echten Komponisten zu tun. Aber den Machern geht es ja auch gar nicht um Beethoven. Es geht ihnen um ihre heißgeliebten Algorithmen und somit um sich selbst. Eine Tendenz, die in der IT-Welt allgemein verbreitet ist.

Bei Ludwig van Beethoven kann ich mich nur entschuldigen. Tut mir leid, Ludwig, aber so läuft das heutzutage. Dein Name ist noch wichtig, so wie der Markenname eines aufgekauften und dann zerschlagenen Unternehmens. Aber deine Musik? Ab in die KI-Maschine damit, die wird aus den geschredderten Noten schon was machen. Nicht wahr?

Man mag vor „künstlicher Intelligenz“ auf die Knie fallen, die Hände falten und vor Inbrunst eine Gänsehaut bekommen, in Wirklichkeit kann KI nicht mehr als Kunsthonig an die Stelle von echtem Honig setzen. Kunst hat eine Menge mit Echtheit zu tun. KI-Kunst ist Fälschung – so wie viele Produkte der Digitalisierung.