PKW-Maut – mein letzter Beitrag …

zu diesem Thema natürlich.

Ich fürchte, das Thema Maut ist auch nach der Pleite, die der EGH der CSU bereitet hat, nicht vom Tisch. Als Scheuer seine Niederlage öffentlich gestehen musste, hörte man es förmlich knistern, so arbeitete es hinter seiner Stirn. Die muss doch zu retten sein, die Maut!

Fest steht, dass Scheuer zu weit vorgeprescht war. Er hat mit Investitionen in die Maut-Infrastruktur begonnen, bevor eine endgültige Entscheidung des EGH auf dem Tisch lag. Ausgesprochen dumm. Mehr noch, unser Verkehrsminister hat leichtsinnig etliche Millionen in den Sand gesetzt. Nennt man sowas nicht Veruntreuung, und ist das nicht ein Straftatbestand? Vielleicht nicht, man weiß ja nicht, welche Privilegien die CSU genießt.

Auf jeden Fall gibt es für etliche Leute in der CSU-Führungsriege ganz, ganz dringende Gründe, die Maut in irgendeiner Form noch zu retten, egal, welche Versprechungen vor Jahren gemacht wurden. Zum einen natürlich, um die getätigten Ausgaben nachträglich zu rechtfertigen, zum anderen, um die heiß begehrte Überwachungsstruktur, das eigentlich Ziel der Maut, trotz des Urteils ausbauen zu können. Ehrlich, ich habe ein verdammt ungutes Gefühl.

 

PKW-Maut – mein zweitletzter Beitrag

Gestern war das Ende der verdammten PKW-Maut in der CSU-Fassung, und heute sind natürlich die Zeitungen dran. Also, wie die Kommentatoren auf die Übeltäter eindreschen, da duckt man sich förmlich. Recht haben sie ja, denn die Ausländermaut war tatsächlich ein arges Schmierenstück, ein Politspektakel der übelsten Sorte. Ein Kommentator im Fernsehen brachte es auf den Punkt: Die Maut war (herrlich, diese Vergangenheitsform) nichts anderes als ein billiger Racheakt von beleidigten Bayern, die sich über die Maut in Österreich ärgern. Oder, wie es der grüne Hofreiter schon vor Jahren formulierte, eine in Gesetzestext gegossene Stammtischparole. Interessant, dass in den Kommentaren ein Tag nach dem Mautende mehrfach von einem bayrischen Stammtisch die Rede war.

Eines allerdings verwundert mich: Warum gibt es erst jetzt Kritik, nachdem der EGH dem widerlichen Schmierenstück ein Ende bereitete? Ich habe in den letzten 3 Jahren 6 oder 7 äußerst kritische Beiträge hier im Blog veröffentlicht. Um die Widerwärtigkeit des Maut-Unternehmens zu erfassen, braucht man doch nicht den EGH, oder? Sollte es im deutschen Journalismus Defizite geben, was das Rückgrat betrifft?

PKW-Maut – mein drittletzter Beitrag

Jubelgebrüll: Endlich ist die Scheiß- Scheiß- Scheiß-PKW-Maut vom Tisch. Endlich haben die Typen aus dem Süden Deutschlands, ich meine Dobrindt, Seehofer und Scheuer, vor allem natürlich Dobrindt, einen auf den Deckel gekriegt. Hoffentlich stark genug, dass sie sich fünf mal um die eigene Achse drehen. Endlich hat Europa gezeigt, wo es langzugehen hat, was europäische Haltung bedeutet. Heißa.

Aber noch gibt es keine endgültige Entwarnung, denn Scheuer betonte, die Maut in der geplanten Form sei wohl vom Tisch. Aber offensichtlich nicht die Maut an sich? Wann kapieren die Politiker eigentlich, dass Freizügigkeit ein wesentlicher Stützpfeiler der Freiheitsrechte ist, und dass deshalb die kostenlose Bereitstellung von unkontrollierten Verkehrswegen eine hoheitsrechtliche Aufgabe ist? Auch dann noch, wenn es in 20 anderen Staaten der EU anders gehandhabt wird?

Rundumschlag auf Youtube

Ich hocke vor dem PC und schaue mir das Youtube-Video von dem Rezo an, jenes Video, das die Vernichtung der CDU zum Ziel hat. Klar, wenn mehrere Millionen begeisterte Menschen das Video betrachtet haben, darf ich mich nicht ausklammern. Schließlich will ich mitreden können, und das heißt zunächst mal: mitwissen. Zu wissen, wie man die CDU kaputt macht, kann ja nicht schaden.

Was soll ich sagen? Ich bin begeistert. Donnerwetter, der Junge kann reden. Eine knappe Stunde lang, locker vom Hocker, in einem Stil, der junge Leute förmlich mitreißt. Ehrlich, wenn ich noch jung wär, ich würde auf der Stelle ein großes Poster von Rezo an die Tür heften und mir die Haare blau färben. Und die jungen Leute haben sich von ihm ja begeistern lassen. Inwieweit die kurz darauf folgende Europa-Wahl von dem Video beeinflusst wurde, darüber kann man nur spekulieren. Will ich hier aber nicht.

Jedenfalls ist es bemerkenswert, wie gute Redner die Massen förmlich von den Sitzen reißen können. In der Geschichte gibt’s genügend Beispiele für die Mobilisierung von Menschenmassen durch Redner, die überzeugend auftreten. Die Ziele und die angesprochenen Menschengruppen variieren, aber immer kommt es darauf an, einen empfindlichen Nerv zu treffen. In diesem Fall ist es die Jugend, wobei sich auch viele Menschen zwischen 30 und 60 noch angesprochen fühlen. Ja, so geht Überzeugungsarbeit. Dass der gute Rezo wahrscheinlich nicht von sich aus aktiv wurde, sondern dass dahinter eine Werbefirma und evtl. ein bezahlter Auftrag steht – was soll’s.

Ohne Youtube wäre ein dermaßen überzeugender Auftritt natürlich nicht möglich gewesen. Youtube – die ideale Plattform für Selbstdarstellungen. Da kann man seine Person wirkungsvoll in den Lichtkegel stellen und die Kraft seiner Persönlichkeit so richtig zur Geltung kommen lassen. Für die effektive Verbreitung sorgen dann die Friends, die sich virtuos auf den sozialen Plattformen bewegen und die digitalen Flugblätter verteilen, stapelweise. Kurz: Der Rahmen für die CDU-Vernichtungs-Initiative stimmt in jeder Beziehung. Ich habe das Gefühl, dass Rezo bald einige Nachahmer findet, was Stil und Auftreten betrifft.

Aber stimmen auch die Inhalte? Ich muss sagen, spontan war ich diesbezüglich ebenfalls beeindruckt. Der Rezo hat da Dinge ausgesprochen, die ich der CDU liebend gern um die Ohren gehauen hätte – wenn ich gekonnt hätte. Aber leider bin ich kein Genie wie Rezo, ich kann hier nur Beifall klatschen. Denn was die wesentlichen Kritikpunkte betrifft, hat Rezo (oder der Auftraggeber im HIntergrund) ja recht: Der Kapitalismus mit seiner stets weiter auseinanderklaffenden Schere von Arm und Reich hat sich tatsächlich zu einem üblen Gebilde entwickelt. Die Klimapolitik war und ist tatsächlich viel zu zögerlich und unentschlossen. Oder dass die Bundesregierung es zulässt, dass Amerikaner von Ramstein aus Angriffe mit Drohnen steuern, ist tatsächlich ein Skandal. Auch, dass in Deutschland noch Atomwaffen gelagert werden. Die inhaltliche Kritik an der Politik der etablierten Parteien (es ist ja nicht nur die CDU gemeint) ist also durchaus berechtigt und keineswegs aus der Luft gegriffen.

Und dennoch erzeugen die Ausführungen von Rezo ein Unbehagen. Es mag ja stimmen, dass die Fakten richtig wiedergegeben werden, aber es fällt auf, dass keine Lösungsvorschläge gemacht werden. Um Lösungswege aufzuzeigen zu können, müssten die Probleme in ihrer ganzen Komplexität beschrieben werden, und genau da hapert es in dem Youtube-Beitrag. Wer eine umgehende und radikale Wende in der Klimapolitik fordert, muss bereit sein, den hunderttausenden in der Kohlebranche Beschäftigten zu sagen, dass sie von heute auf morgen arbeitslos werden. Er muss deutlich machen, dass es keine Bürgerinitiativen mehr geben darf, die sich nach dem St-Florians-Prinzip gegen die Verlegung von Stromnetzen vor der Haustür wehren. Er muss die gesamte Touristik-Branche in Frage stellen, einschließlich der eigenen Urlaubspläne. Usw. Oder wer sich lösungsorientiert gegen die amerikanischen Stützpunkte in Deutschland wendet, muss die Bündnisfrage erörtern. Oder wer mehr soziale Gerechtighkeit einfordert, muss den Kapitalismus mit seinem Investitions-Marketing in Frage stellen und letztlich sogar die globalen Verflechtungen.

Es ist relativ einfach, Missstände anzuprangern, doch deren Beseitigung ist zum großen Teil eine Frage von Abwägungen. Dass insbesondere die CDU in einer Reihe von Fragen falsche oder unglückliche Gewichtungen vorgenommen hat, ist für mich ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb ich Rezos Kritik durchaus ernst nehme.

Aber es gibt noch zwei weitere Aspekte, auf die ich kurz eingehen möchte. Da ist zunächst die Reaktion der Regierung auf das Youtube-Video. Die Parteispitze wurde offensichtlich auf dem falschen Fuß erwischt, und in Anbetracht des schlechten Ergebnisses der Europawahl und der zeitlichen Platzierung des Videos zwei Tage vor der Wahl kann man die Bestürzung sogar verstehen. Insbesondere AKK versuchte, ihren Missmut zu formulieren. Aber sich darüber aufzuregen, dass jemand kurz vor der Wahl öffentlich davon abgeraten hat, CDU/CSU zu wählen, ist schlichtweg Quatsch. Warum soll ein Bürger keine Empfehlungen gegen eine Partei aussprechen dürfen, so wie es die anderen Parteien im Wahlkampf ja ebenso machen?

Der Hauptfehler von AKK war jedoch, dass sie nicht die Befindlichkeiten der Betroffenen berücksichtigte, vielleicht auch gar nicht kannte. Ein Großteil der meist jüngeren Bevölkerung lebt hauptsächlich im Netz, hat vielfach nur noch einen schwachen Bezug zur realen Welt. Freiheit ist für sie die Freiheit, im Netz alles sagen und zeigen zu dürfen, was sie möchten. Wer diese Freiheit durch Kontrolle begrenzen will, greift erheblich in die Lebensauffassung der Betroffenen ein und erntet wütende Proteste. Nun sind Proteste in einer demokratischen Gesellschaft vielleicht unbeqem, aber nichts Negatives, nichts, worüber man besorgt sein müsste. Doch die Proteste aus der digitalen Ecke haben eine besondere Qualität, denn sie befeuern einen besorgniserregenden Generationskonflikt, der wesentlich stärker und trennender ist als etwa zur Zeit der 1960er Protestwellen. Stärker deshalb, weil nicht nur eine überschaubare Gruppe von „Querdenkern“ auf die Straße geht, sondern eine gesamte Generation.

Das zweite, was noch zu erwähnen wäre, ist die außerordentliche Macht, die von den digitalen Medien ausgeht. Während die Kommunikationsplattformen wie Instagram oder Facebook diese Macht vor allem durch die Möglichkeit der explosiven Verbreitung erlangen, bietet Youtube vor allem die Kraft der beliebig ausgestaltbaren Ansprache von vielen Betrachtern mit intensiven medialen Mitteln. Zur analogen Zeit wurden die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten verpflichtet, sich in Punkto Perteinahme zurückzuhalten, wegen der Kraft, die von den bewegten Bildern ausgeht. Youtube ist inwischen viel, viel mächtiger als etwa die Fernsehanstalten, und dennoch gibt es keine Mittel, der Plattform irgendeine Zurückhaltung aufzuerlegen, es sei denn, es handelt sich um offensichtlich strafbare Beiträge oder um Verstöße gegen die prüde amerikanische Schein-Sexualmoral. Nun ist ein übermächtiges Medium an sich noch kein Problem, es sein denn, das Medium wird missbraucht. Und diese Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen. Rezo hat Youtube jedenfalls nicht missbraucht, da lauern ganz andere Leute bzw. Institutionen im HIntergrund.

Wie also reagieren auf ein Video wie das von Rezo? Einfach überhaupt nicht reagieren, wie es die Zunft der allzeit Besonnenen vorschlägt? Hm, ich weiß nicht. Oder auf Dorothee Bär hören, unsere Dilgital-Staatsministerin? Sie schlägt – wie auch anders – vor, dass Politiker stärker die sozialen Medien nutzen sollten. Diskussion über Youtube oder Facebook? Und das, obwohl chaotische Freiheit das Grundrecht der digitalen Medien ist? Hm, es gibt gute Aussichten, dass dieser Weg im Chaos mündet. Und: Sollte nicht ein twitternder Präsident genug sein?

Nein, es gibt m.E. nur einen vernünftigen Weg: die Beiträge in den digitalen Medien ernst nehmen, sofern sie ernst genommen werden können. Und dann sachlich und seriös darauf reagieren. Falls es sich bei den Beiträgen um Bullshit handelt, sollte man sie einfach nicht beachten. Vor allem aber kommt es darauf an, von vornherein einen Politikstil zu pflegen, der alle Bürger ernst nimmt.

 

Ach ja, die bessere Welt

Ich weiß, ich habe ihn schon oft zitiert, diesen Slogan aus dem Silicon Valley: „We’ll make the world a better place.“ – Ein gigantisches Versprechen, und gigantisch groß ist die Schar der Jünger, die dran glauben. Sie starren auf ihre Smartphones und genießen das wonnigliche Gefühl, auf einer Woge einer besseren Welt entgegenzuschwappen. Und sie haben ja recht. Gewissermaßen jedenfalls. Vieles wird einfacher, weil man sich die Mühe ersparen kann (muss), die Vorgänge zu durchschauen. Vieles wird bequemer, geht schneller, perfekter. Eine Komfortstufe ist noch nicht mal richtig erschlossen, da folgt bereits die nächste, höhere Stufe. Die Menschen müssen einfach nur mitmachen, aufgeschlossen sein. Digitalgläubig sozusagen. Und Missionare, die den bedingungslosen Glauben an die digitale Zukunft verkünden und verbreiten, gibt es reichlich. Missionare, die überzeugend vom Glück der technologischen Zukunft reden und das furchtbare Bild von der Verdammnis, wenn man nicht schneller digitalisiert, in die Herzen der Aufgeschlossenen pflanzen. Das Netz ist das Paradies der Neuen Glückseligen.

Au ja, und der Samen, den die Missionare verbreiten, fällt auf fruchtbaren Boden. Von 10 jungen Leuten, die durch die Stadt gehen oder im Bus sitzen, starren 6 (mindestens) auf ihr Smartphone und preisen den digitalen Mediengott. Oder die junge Mutti hinter dem Kinderwagen: Sie starrt auf ihr Handy; wie irdisch und banal wäre dagegen das Schäkern mit dem Kind. Oder die Verpflichtung, selbst zur Verbreitung des digitalen Glaubens beizutragen: 1000 Follower auf Twitter, 10000 Likes auf Facebook, das sind echte Erfolgszahlen.

Und ich? Nee, was die Digitalisierung betrifft, gehöre ich zu den Ungläubigen. Ich habe nach einer vorübergehenden Welle der digitalen Gefolgschaft mal etwas nachgedacht und verglichen. Ja, die analoge Welt war nicht so perfekt, nicht so schnell, nicht so komfortabel. Sie war anstrengend und – da Menschen noch das Sagen hatten – vielfach erfolglos. Und dennoch: Die Welt ohne Smartphones und Tablets war wertvoller, intensiver, nachhaltiger, gedankenvoller, kurz: reicher. Schade, dass eine junge Generation, die sich was drauf einbildet, in der digitalen Welt groß geworden zu sein und sich daran zurechtzufinden (im Gegensatz zu den verstaubten Alten), nicht mehr vergleichen kann. Scheuklappen oder ein zu hoher Tellerrand waren in der Geschichte der Menschheit schon vielfach die Ursache für gesellschaftliche Entgleisungen. Selbst das Grundgesetz scheint für immer mehr digitale Zeitgenossen außerhalb des Tellers mit ach so hohem Rand zu liegen. Das Netz bietet zwar Kanäle nach draußen, aber wer sich hineinbegibt, bleibt schnell mit den Füßen im morastigen Untergrund stecken. Die digitalen Botschaften sind jedoch bis in die letzten Winkel zu hören. Wie ein Echo brechen sie sich an den Wänden: „Wir müssen schneller digitalisieren, wir brauchen eine bessere Infrastruktur, unsere Zukunft liegt in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz …“

Welche Zukunft ?

Außer Kontrolle

Die Digitalisierung scheint die Lösung für alle Probleme unserer Zeit zu sein. Vor allem in der Politik klammern sich immer mehr an die Patentlösung „Digitalisierung“. Merkel schwärmt von Big Data und hat Angst, dass der Datenschutz eine zu starke Bremse sein könnte. Von Lindner gibt es kaum ein Statement, in dem er nicht auf die Dringlichkeit einer schnelleren Digitalisierung hinweist. Selbst die SPD hat sich einen Parteivorsitzenden erkoren, der aus der digitalen Ecke kommt. Auch aus der Wirtschaft kommen immer drängendere Appelle, dass Deutschland doch bitteschön den Status eines digitalen Entwicklungslandes überwinden solle. Und natürlich ist superschnelles Internet an jeder Milchkanne wichtig. Was heißt wichtig? Lebensnotwendig. Mancher Zeitgenosse reibt sich schon verwundert die Augen angesichts der Tatsache, dass die Menschheit bisher ohne schnelles Internet überleben konnte. Tja, die analogen Überlebenskünstler – sterben die aus?

In der Tat: Digitalisierung über alles. Energie sparen? Kein Problem, mit digtitalen Mitteln bieten sich enorme Chancen. Oder nachhaltiger öffentlicher Verkehr? Da muss halt digitalisiert werden, dann lassen sich die auftretenden Probleme lösen, indem z.B. die bestehende Infrastrukur effektiver genutzt wird. Oder Gesundheit? Mit radikaler Datenerfassung in Verbindung mit einer Gesundheitskarte wird gesundes Leben viel einfacher. Oder Sicherheit? Schon mal was von smarter Hometechnik gehört? Damit lässt sich die Bude hervorragend absichern. Oder Kampf gegen die Kriminalität? Länderübergreifende Datenbanken und Vernetzung versprechen enorme Erfolge. Usw. Kaum ein Bereich des gesellschaftlichen Lebens, bei dem Digitalisierung nicht eine tolle Zukunft verspricht.

Bleibt allerdings ein kleiner Wermutstropfen, denn dummerweise gibt es immer wieder Störungen. Je weiter die Digitalisierung voranschreitet, desto häufiger treten solche Störungen auf und desto größer sind ihre Wirkungen. Und so wird man in der Politik aktiv. Es werden Instanzen geschaffen, die derartige Störungen untersuchen und nach Möglichkeit unterbinden sollen. Man erlässt Verordnungen, die die großen Profiteure und Zerstörer der digitalen Welt in die Schranken verweisen sollen. Na ja, nicht direkt, man versucht es erst mal mit einem „Du, du!“ und strengt sich an, den warnenden Zeigefinger gerade zu kriegen. Ein kurzes, bedauerndes, verständnisvolles Lächeln des Zuckerberg, und es geht wieder zur Tagesordnung über.

Die ganzen Maßnahmen zur Absicherung des Netzes sind nur ein Herumdoktern an den Symptomen. Da werden lediglich Schlaglöcher geflickt, und das bei einer Straße ohne festes Fundament. Eine Straße, die im Eiltempo durch die Landschaft gezogen wurde, um möglichst schnell die Profite einer äußerst gewinnbringenden Technologie einsacken zu können. Die entscheidende Frage nach dem Fundament, also nach dem Warum der potentiellen Unsicherheit der digitalen Welt wird bizarrerweise überhaupt nicht gestellt. Das Komische daran: Es gibt eine plausible, überaus logische Antwort. Nur will die praktisch niemand hören, denn sie hätte zur Konsequenz, dass man die eine oder andere liebgewonnene Überflüssigkeit aufgeben oder auf die eine oder andere wohlfeile Patentlösung verzichten müsste. Denn die Alternativen sind anstrengender.

Also, woran es hapert, liegt auf der Hand. Die digitale Technik ist von den Menschen überhaupt nicht mehr durchschaubar und beherrschbar. Denn wenn sie beherrschbar wäre, dann wäre es problemlos möglich, Systeme zu programmieren, die keine Bugs enthielten, die keine Sicherheitsupdates erforderten, die schlicht und ergreifend zu 100 % funktionierten, und das unverändert über viele Jahre hinweg. Aber die Systeme sind einfach zu komplex geworden. Kein Mensch kann da noch Übersicht behalten. Neue Systeme müssen erst eine Alpha- und Betaphase durchlaufen, wobei man hofft, dass dabei möglichst viele der verborgenen Bugs und Sicherheitslücken aufgespürt werden. Reiner Zufall, was da gefunden wird; zurück und unentdeckt bleiben bei umfangreicheren Systemen wie z.B. den Computer-Betriebssystemen geschätzt mehrere tausend Schwachstellen und Fehler. Wahrscheinlich werden es in Systemen wie der Auto-Software für autonomes Fahren noch deutlich mehr unaufgespürte Schwachstellen sein.

In der Regel funktioniert das Ganze ja trotzdem, doch eben nur in der Regel. Hacker und Geheimdienste haben natürlich ein Interesse daran, bisher unentdeckte Lücken und Fehler aufzuspüren. Und sie sind gut, diese Leute. Gut und immer wieder mal erfolgreich. Doch dann kommt der entscheidende Punkt. Sofern solche Angriffe rechtzeitig bemerkt werden, kann man in relativ kurzer Zeit die Sicherheitslücke schleßen. Aber es gibt nur relativ wenig Hacker, die offen verkünden: „Hallo, ich bin über Port xy in dein System eingedrungen und habe Daten geklaut.“ Und ein Geheimdienst wird niemals seine erfolgreichen Einbrüche in Computersysteme öffentlich kundtun. Er wird vielmehr alles daran setzen, seinen Einbruch zu vertuschen, den Zugang zur Infrastruktur des potentiellen Feindes sorgfältig offen zu halten und nach Möglichkeit zu erweitern. Alles andere wäre unlogisch. Und dann – ein Knopfdruck, mindestens so wirksam wie eine Atombombe.

Und wenn wir schon mal bei der Logik sind, dann überlegen wir mal weiter. Wie wird ein Staat reagieren, dessen Geheimdienst die Voraussetzungen geschaffen hat, die Infrastruktur eines Feindes per Knopfdruck lahmzulegen? Richtig, er wird im Umkehrschluss dem potentiellen Feind ebenfalls solche digitalen Einbrüche zutrauen und sich daraufhin selbst absichern. Doch wie? Man könnte sich wie die NSA mit einem gigantischen technischen und personellen Aufwand (40.000 Mitarbeiter, habe ich mal gehört) an die konspirative Totalüberwachung begeben. In Amerika kann man die IT-Firmen nämlich verpflichten, deren Daten rauszurücken. Man kann es aber auch einfacher machen, indem man sein Land vom internationalen Internet abknipst, so wie es Russland und China vormachen. Das hat zudem noch den Vorteil, dass man die eigenen Bürger von zuviel Information und Weitblick „beschützen“ kann.

Jetzt müsste konsequenterweise eine Aufzählung von Maßnahmen kommen, mit denen sich ein seriöser Staat vor den digitalen Gefahren schützen kann. Ich verzichte drauf, dann wenn man die Ursache erkannt und akzeptiert hat, sind die richtigen Schlussfolgerungen daraus nur eine Sache von simpler Logik – ohne Tabus. Nur als Beispiel:

1. Lebenswichtige Infrastrukturen erfordern Steuermechanismen, die zu 100 % funktionieren und sicher sind. 99,9 % ist zu wenig. Unlogisch?

2. Wenn ein System diese 100 % Sicherheit und Betriebssicherheit nicht erreicht, darf es für den Zweck nicht eingesetzt werden. Unlogisch?

3. Wenn die derzeitigen Digitalsysteme die Sicherheitsanforderungen wegen Unüberschaubarkeit nicht erfüllen können, dann müssen alternative und beherrschbare Systeme geschaffen werden. Unlogisch?

4. Und vor allem: Wenn es um das Überleben der Menschheit geht, dann dürfen Werkzeuge wie das Internet nicht wie heilige Kühe mit einem Mantel der Unantastbarkeit umhüllt werden.

In dem Zusammenhang: Zur Komplexität und damit zur Unbeherrschbarkeit von digitalen Systemen trägt in ganz erheblichem Maße die künstliche Intelligenz bei. Die mit KI erreichbare Sicherheit (z.B. dank biometrischer Verfahren) ist nur vorgegaukelt; in Wirklichkeit erhöht KI die Unsicherheit, weil die Menschen dadurch noch mehr Kontrolle und Übersicht an Algorithmen abgeben.

 

Über Meinungsbildung

Vor etwa 4 Jahren habe ich mir nach langem Zögern ein Smartphone zugelegt, das ich gelegentlich auch verwende. Je länger ich das Ding habe, desto widerwilliger verwende ich es, doch das nur am Rande. In diesem Beitrag geht es um eine gesellschaftliche Kernfrage, nämlich um Informationsbeschaffung und die darauf beruhende Meinungsbildung. Dabei spielt das Fummelding mit dem glitschigen Namen „Smartphone“ allerdings eine dominante Rolle.

Als ich das Teil erstanden hatte und mich ein wenig darin umsah, stieß ich auf eine ganze Reihe vorinstallierter Apps. Ok, ich habe erst mal aufgeräumt und alles runtergeschmissen, was mir Android-Google runterzuschmeißen erlaubte. Da wurde mir zum ersten Mal klar, dass ich zwar das Smartphone gekauft hatte, dass aber Google der uneingeschränkte Herrscher in meinem smarten Phonehaus ist.

Bei einer App war ich mir nicht im klaren darüber, was ich machen sollte, nämlich beim Flipboard. War das nur eine Probeinstallation? Musste ich mich anmelden, um die App völlig nutzen zu können? Anmelden – nee das kam auf keinen Fall in Frage. Aber ich konnte auch ohne Anmeldung einen Eindruck gewinnen. Da wurden mir auf einer Art Messenger aktuelle Schlagzeilen angeboten, und wenn ich die anklickte (pardon: anfummelte), dann erhielt ich Zeitungsartikel vorgesetzt, zunächst nur als Schlagzeilen, ganz der digitalen Lesefähigkeit entsprechend. Die Auswahl schien seriös zu sein, es waren die verschiedensten Zeitungen vertreten, auch angesehene Blätter wie die „Zeit“ oder die „Süddeutsche“.

Also eine bequeme Versorgung mit den wichtigsten Nachrichten, so kam es mir anfänglich vor. Bei Nachrichtensendungen im Fernsehen ist es ja ähnlich. Und doch hatte ich beim Flipboard ein gewisses Unbehagen. Wer steckt dahinter? Wer wählt die Nachrichten aus? Sind die sogar auf meine persönlichen Interessen zugeschnitten? Und dann, regelrecht auffällig, die tendenziösen Informationen im Bereich der Digitalisierung. In diesen Belangen war die Nachrichtenauswahl ein einziges Loblied auf den digitalen „Fortschritt“.

Kurz: Das Unbehagen wuchs, und nach einigen Wochen habe ich alles weggewischt, was mit Flipboard zu tun hatte. MIr wurde klar, dass ich – und nur ich – zu entscheiden habe, was ich lese und was zu meinen Interessen passt bzw. gezielt nicht dazu passt, um den Horizont zu erweitern und evtl. die Interessenlage zu korrigieren. Und bei dieser Gelegenheit habe ich so einige Dinge erkannt.

In einer Demokratie brauchen wir Menschen mit klarem Meinungsbild, das aber andererseits nicht erstarren darf. Die Meinungsbildung wiederum benötigt Informationen und Meinungsäußerungen. Nur wenn jeder frei seine Meinung äußern kann, ist eine Demokratie überlebensfähig. Und natürlich muss jeder einen freien Zugang zu den Informationen haben. Diese Rechte sind elementar und werden im Grundgesetz garantiert. Aber es kommt noch etwas hinzu: Wir brauchen auch Meinungsvielfalt (Informationsvielfalt), sonst kommt es zu erstarrten, einseitigen Gesinnungen. Ja, eine Demokratrie braucht immer auch einige Quertreiber, mit denen sie sich auseinandersetzen muss.

Damit das Wechselspiel aus Informationsangeboten und Meinungsbildung funktioniert, muss sichergestellt sein, dass jeder einzelne Bürger entscheiden kann (und entscheiden muss) woher er die Informationen bezieht. Niemals dürfen den Bürgern irgendwelche Informationen aufs Auge gedrückt werden. Genau das aber geschieht, wenn man sich einem Nachrichten-Messenger anvertraut oder die Informationen sogar auf Facebook bezieht. Hier stimmt die Richtung nicht. Informationen zur Meinungsbildung müssen immer geholt werden, und erst recht nicht dürfen Informationen auf Grund persönlicher Profile von Algorithmen ausgewählt und zugestellt werden.

Natürlich drängt sich hier der Vergleich mit einer Tageszeitung auf. In der Regel werden solche Zeitungen ja auch automatisch zugestellt, und kaum jemand hat mehrere Blätter abonniert, um sich vielseitig zu informieren. Ja, es stimmt, die Fixierung auf eine einzige Tageszeitung ist in der Tat ein gewisses Handicap. Aber man kennt ja seine Zeitung, kennt die Kommentatoren, kennt die politische Gesinnung der Redakteure. Man identifiziert sich bewusst damit – oder aber man liest die Beiträge distanziert und kritisch. Wenn ich z.B. einen Kommentar zur politischen Lage lese, dann schaue ich mir zuerst an, wer ihn verfasst hat. Der Chefredakteuer persönlich? Der fällt doch nur wieder mal über die SPD her, das muss ich nicht haben, ich kann den Inhalt erahnen, auch ohne den Kommentar gelesen zu haben. Gleichzeitig ist mir immer bewusst, dass ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu zusätzlichen Zeitungen greife, die eine andere Grundposition einnehmen. Die Frankfurter Allgemeine gehört eher nicht dazu.

Klar, dass die Digitalisierung, so wie sie läuft, eine ganze Reihe von journalistischen Grundsätzen über Bord wirft, mit teilweise verheerenden Auswirkungen. Ich denke, ich muss das nicht alles zum wiederholten Male aufzählen. Doch wenn ich daran denke, dass es Mitbürger gibt, die allen Ernstes auf die Fehlinformationen in den sozialen Netzwerken hereinfallen oder sich aktiv an der Verbreitung von solchen schädlichen Informationen (Hetze, Fake-News usw.) beteiligen, dann wird mir übel. Dann frage ich mich, wo die eigentlichen Gefahren für die Demokratie zu suchen sind.

 

Worauf es ankommt

Die Digitalisierung bzw. die Super-Giga-Power-Innovationen der Digitaltechnik präsentieren uns immer neue technische Höchstleistungen. Eine davon stellen die TV-Geräte mit 4k- bzw. 8k-Auflösung dar. Doch kommt es darauf wirklich an, oder – anders ausgedrückt – bringen diese Geräte den Menschen (für die sind die Geräte ja konzipiert) tatsächlich soviel Gewinn wie der technische Aufwand verspricht? Ich denke, die Antwort kann ich mir ersparen. Beeindruckende Überflüssigkeit, mehr nicht. Technische Perfektion, die sich vor allem durch Kälte auszeichnet. Wieviel angenehmer waren doch die Fernseher aus der letzten Analog-Generation.

Oder die Kontakte zwischen Menschen. Klar, Menschen müssen miteinander, und das ist absolut gut so. Aber muss das alles mit einem Klick geschehen? Fördern die zusammengeklickten Verbindungen nicht die oberflächlichen Kontakte und lassen echte Kontakte verkümmern? Kann es überhaupt nachhaltige, tiefe Kontakte geben, ohne dass man sich intensiv darum bemüht, immer aufs neue? Kommt es wirklich darauf an, möglichst viele Kontakte mit einer App zu bedienen? Wieder kann ich mir die Antwort ersparen.

Oder die „Errungenschaften“ des smarten Homes. Alle Fäden laufen im Smartphone (bzw. auf dem Server der Betreiber) zusammen. Ein Klick, und du weißt, dass niemand bei dir eingebrochen hat. Ein Klick, und du erfährst, ob dein Hund aufs Sofa geschissen hat. Ein Wisch, und der Herd beginnt schon mal, den Eintopf von gestern aufzuwärmen. Dass nichts überkocht, dafür sorgen „intelligente“ Kochtöpfe aus dem Küchensortiment von Bosch. Usw. Doch die entscheidende Frage: Trägt irgendetwas von diesem smarten Komfort wirklich zur Lebensqualität bei? Und wenn wir das glauben, haben wir dann nicht bereits aus dem Auge verloren, was echte Lebensqualität ist? Erneut  kann ich mir eine Antwort ersparen.

Es tut mir leid, aber die Digitalisierung erzeugt nicht nur Positives (das auch, keine Frage), sondern vor allem gequirlten und aufgeschäumten Dreck. Die Menschen suhlen sich in diesem Schmutz und fühlen sich dabei wohl, wie Schweine in der Schlammkuhle. Und die Hersteller oder Verteiler verdienen sich damit eine goldene Nase. Und die Gesellschaft zahlt. Und die Verantwortlichen, denen es allmählich dämmert, dass die Digitalisierung in die völlig falsche Richtung geht, versuchen, wenigstens die Symptome ein wenig zu glätten, z.B. durch lächerliche, naive Verordnungen.

Kalte Perfektion

Vor einigen Wochen entschlossen wir uns, den guten, alten JVC-Analog-Fernseher durch einen modernen zu ersetzen. Er äußerte nämlich einige Mucken, vor allem ließ er sich manchmal nur mit Tricks überreden, aktiv zu werden. Der Neue ist ein Sony von etwa gleicher Göße (70 x 40 cm), wobei der allerdings fast die doppelte Bildschirmfläche aufweist, wegen des schmalen Rahmens. Und natürlich hat der neue mit fast 2000 Pixeln in der Breite eine beeindruckende Auflösung. Man kann sogar einzelne Haare der Moderatorin erkennen. Selbst die Farben sind perfekt, na ja, nahezu jedenfalls. Nur der Ton ist schlichtweg Scheiße, ein zu einem dröhnenden Geröhre verschmolzenes Akustikgemisch, aus dem sich auch mit Hilfe des (bei Sony-Geräten ohnehin kaum wirksamen Equalizers) kein verständliches Sprachsignal herausfiltern lässt. Aber da wir Kopfhörer verwenden, ist das zweitrangig.

Nun geschah vor einigen Tagen folgendes: ich wollte zwischendurch mal auf ARD umschalten, wo das Spiel Bayern gegen Werder übertragen wurde. Mich interessierte nur der Spielstand, denn 90 Minuten lang zusehen, wie Bayern München einen weiteren Club in die Knie zwingt, dass wollte ich mir nicht antun. Aber ich weiche ab. Also, ich drückte die 1 auf der Fernbedienung, und statt eines grünen Rasens wurde mir eine Meldung präsentiert: „Kein Signal. Überprüfen Sie die Antennenverbindung.“ Ich schaute nach draußen: Windstille, tiefgrau verhangener Himmel, zudem noch die Meldung im Ohr, dass zur Zeit ein Unwetter über NRW tobe. Da macht der Satellitenempfang nicht immer mit, also durchaus erklärlich, diese Meldung.

Der Empfang kam an dem Tag nicht zurück, auch nicht am nächsten, und so machte ich mich  an die systematische Fehlersuche. Beide Antennenanschlüsse waren ok, sie funktionierten mit diversen Geräten wie TV-Karten – nur mit dem neuen Sony nicht. Deprimiert packte ich den Fernseher in den Originalkarton und formulierte eine kleine Fehlerbeschreibung für die Reklamation. An dem Tag ging alles schief: Die Reparatur der Terassen-Schiebetür erwies sich als kompliziert und aufwändig, der schon Tage andauernde Telefonterror erreichte mit 7 Anrufen (jeweils andere Nummer) einen Höhepunkt. Nur eines klappte: der Anschluss des alten Analog-Fernsehers, den ich zusammen mit dem Receiver noch aufbewahrt hatte.

Als ich den Alten wieder einschaltete und erstmals das vertraute Bild vor Augen hatte, war ich überrascht. Sicher, aus der Nähe betrachtet war vieles verwaschen, aber aus 3 Metern Entfernung spielte das kaum noch ein Rolle. Stattdessen waren die Farben um Größenordnungen angenehmer als beim Sony. Nein, nicht perfekt, aber warm, gemütlich, wohnlich. Eine überaus freundliche Bildwiedergabe, die so richtig zur Gemütlichkeit unseres Wohnzimmers passt. Im Vergleich dazu wirkte der Sony kalt, perfekt und eiskalt, wie ein Fremdkörper.

Am Abend telefonierten wir mit unserer Tocher, wobei wir auch von dem Missgeschick mit den neuen TVer erzählten. „Gleich morgen wird das Teil reklamiert, ist ja noch Garantie drauf“, versicherte ich. Meine Tochter, die ebenfalls einen Sony besitzt,  meinte: „Bist du sicher? Die gleiche Fehleranzeige erhältst du, wenn du mal aus Versehen von digital auf analog umschaltest, mit der Taste direkt über der 1.“  Direkt über der 1? Ich wollte doch die ARD einschalten, sollte ich dabei aus Versehen? Aber eine derart oberflächliche, sogar irrefeführende Fehlermeldung? Hätte es dann nicht heißen müssen: „Kein Signal am Analogeingang.“?

Kurz: Der peinliche Gang in der Reklamationsabteilung blieb mir erspart; es war wirklich nur ein versehentliches Antippen einer falschen Taste. Also wird der Sony wieder angeschlossen, aber nicht heute und auch nicht morgen. Ein paar Tage lang genieße ich das unvollkommene, aber wundervoll angenehme Bild des Analog-Fernsehers. Ein paar Tage lang genieße ich die freundliche Unvollkommenheit, genieße es, Details nicht sehen zu müssen, die mich im Grunde überhaupt nicht interessieren.

Wenn ich an die Leute denken, die sich eine ganze Wand mit einem 4k- oder 8k-Fernseher tapazieren, dann frage ich mich, ob die überhaupt noch wissen, worauf es wirklich ankommt. Leben die eigentlich noch, oder sind das gelenkte Medienkonsumenten? Und was wird aus einer Gesellschaft, die hinter Blendinnovationen herhechelt und den Blick für das Wesentliche verliert? Nichts gegen Fortschritt, solange er wirklich etwas bringt und nicht nur den global operierenden Herstellern riesige Geldsummen in die Kasse spült, die wiederum verwendet werden, um … Na, wofür wohl? Mein Gott, wie kaputt ist das alles.

Künstliche Intelligenz

Dieser Beitrag, ersmals im Januar 2019 veröffentlicht, wurde an einigen Stellen leicht überarbeitet.

Einleitung

Ich sitze vor dem Rechner und verfolge auf Youtube ein Tutorial, mit dem ich mich möglichst schnell in die Game-Engine „Godot“ einarbeiten will. Dabei geht es mir nicht um die Entwicklung eines Spiels, sondern um eine Entwicklungsumgebung, mit der ich – vielleicht – meine Pläne zur Visualisierung von virtuellen 3D-Landschaften realisieren kann. Doch vorerst müssen die Zusammenhänge des komplexen Programms ergründet werden, und so nebenbei geht es um das Erlernen einer weiteren Programmierspache, die in diesem Fall von Python abgeleitet wurde.

Also lausche ich dem Tutor, der in angenehmer Sprache Schritt für Schritt in die Geheimnisse des Programms einführt, und zwar an Hand eines simplen 2D-Spiels. Es ist so etwas wie Bildschirmtennis, bei dem man gegen den Computer spielt. Natürlich muss ich die einzelnen Schritte nachvollziehen, denn einfach zuhören bringt nichts. Als das Kapitel zur Steuerung des Computer-Schlägers („Gegner“ genannt) dran ist, verspricht der Tutor, dass nun etwas KI dabei sei. Etwas „künstliche Intelligenz“? So wie eine Prise Salz? Was soll das denn? frage ich mich verblüfft und bin natürlich neugierig.

So programmiere ich also nach Vorschrift das Verhalten des Balkens, der sich nach oben und unten bewegt und so etwas wie einen Tennisschläger darstellen soll. Eine extrem simple Anglegenheit. Damit der Schläger sich nicht immer auf Ballhöhe Weiterlesen