Arroganter Schnösel

In irgendeiner TV-Sendung, die sich kritisch mit China und der Unterdrückung Hong-Kongs befasste, wurde u.a. ein chinesischer Journalist befragt, der sich als außerordentlich systemfreundlich erwies. So richtig ein gelungener Gesandter des großen Bruders Xi Jinping: eloquent, tiptop angezogen, freundlich und gewinnend lächelnd. Also rundum smart.

Nun, was der Gute zum besten gab, war eigentlich vorhersehbar. Klar, das Sicherheitsgesetz sei ganz im Sinne eines fortschrittlichen, menschenfreundlichen China. Die Werte der chinesischen Bürger müssten schließlich vor dem schädlichen Einfluss zerstörerischer Elemente geschützt werden. Und dann fügte er noch süffisant hnzu: Im übrigen zeige ja auch die Corona-Krise, dass das chinesische System – im Gegensatz zu den westlichen Gesellschaftsformen – hervorragend funktioniere, denn die Pandemie sei in China problemlos gemeistert worden.

Dem Interviewer hat es nach dieser ziemlich arrogant vorgetragenen These die Sprache verschlagen. Gegenargumente konnte er nicht vorbringen, und somit blieb nichts übrig, als ohne ein weiteres Wort das Interview zu beenden.

Im Nachhinein, quasi als Treppengedanke, fiel mir ein, dass man solche Typen nur mit ihren eigenen Waffen schlagen kann. Man hätte ja die überdeutliche Kritik an nichtchinesischen Systemen aufgreifen und darauf hinweisen können, dass er, wenn man chinesische Maßstäbe anlegte, nun ein Fall für einen europäischen Haftrichter sei. Denn seine Kritik an westlichen Systemen sei genauso staatsgefährdend wie die Kritik der Demonstranten in Hong-Kong. Aber wir leben ja in einem Rechtsstaat, und da sollten solche rachsüchtigen Treppengedanken tabu sein. Einfach ignorieren und dem Land der Mitte den Rücken kehren wäre das beste, aber das geht ja auch nicht, denn Deutschland braucht China als Absatzmarkt. Die weltweite, wirtschaftlich-multilaterale Prostitution muss funktionieren, damit die Deutschen weiter in einem Land leben können, in welchem man gut und gerne lebt. Besonders die Reichen in Deutschland.

Brennglas Corona-Krise

„Die Corona-Krise hat auch etwa Gutes, denn sie legt gnadenlos die Schwächen der Gesellschaft frei.“ Oder: „Die Corona-Krise ist wie ein Brennglas, in dem deutlich zu erkennen ist, was falsch läuft in Deutschland.“ So oder ähnlich hört und liest man immer wieder. Mit den Schwachstellen sind vor allem die mangelnde Digitalisierung oder – nach dem Tönnies-Skandal – die Missstände in der Fleischindustrie gemeint. Ob die nur zaghaft voran getriebene Digitalisierung wirklich eine Schwachstelle der Gesellschaft ist, will ich jetzt mal dahingestellt lassen. Vor allem die Digitalisierung der Schulen ist durchaus diskussionswürdig. Eindeutig dagegen ist die Situation in der Fleischindustrie, und nicht nur dort, denn Leiharbeit über Subunternehmer ist eine Form modernen Sklaventums. Und wenn Unternehmerverbände und Industrie nachdrücklich darauf bestehen, dass es ohne Leiharbeit nicht geht, dann muss wohl das gesamte Wirtschaftssystem in Frage gestellt werden, dann muss es so umgeformt werden, dass auf Sklavenarbeit verzichtet werden kann. [1]

Doch bei aller Dankbarkeit gegenüber dem „Aufklärer“ SARS-CoV-2: wir sollten nicht den Fehler machen, die Infektionszahlen in den Fleischbetrieben als Beleg für die Missstände in der Schlachtindustrie heranzuziehen. Die Missstände beziehen sich auf die entwürdigende Behandlung von Arbeitern aus dem Ausland, egal ob Corona oder nicht. Als die Leiharbeit im großen Stil etabliert wurde, konnte man das Virus noch gar nicht kennen.

Und wir sollten nicht den Fehler machen, Schwächen und Lücken beim Home-Schooling (Scheißwort) als schulische Systemschwächen dahinzustellen. Schulen können und dürfen nicht im Hinblick auf eine nicht vorhersehbare Pandemie konzipiert werden. Die Corona-Krise eignet sich schlichtweg nicht als Begründung für mehr Digitalisierung. Das Maß der Digitalisierung in den Schulen muss unabhängig von Sekundärereignissen wie Corona bestimmt werden.

Trotzdem hört man in der Krise hier und dort den tiefen Seufzer: „Sehr ihr, wir haben’s doch immer schon gesagt.“ Klar, menschlich verständlich und politisch plausibel. Und dennoch falsch.

[1]  Das moderne Sklaventum ist nicht zuletzt deswegen so verführerisch, weil es sich hervorragend digitalisieren lässt. Unpersönlichkeit digitaler Strukturen – besser lassen sich Gewissensbisse kaum unter den Teppich kehren. Das heißt, es meldet sich erst gar nicht, das schlechte Gewissen, das sich nicht ohne weiteres digitalisieren lässt, nicht mal mit künstlicher Intelligenz. Verkäufliche Arbeitskraft anstelle von Mitarbeitern, das ist der entscheidende Unterschied zu einem menschenwürdigen Wirtschaftssystem. Und noch einmal: Es geht nicht nur um die Fleischindustrie. Betrachten wir doch mal die Bedingungen bei den „Mitarbeitern“ der Deutschen Glasfaser im „Kundendienst“. Oder schauen wir einem Paketzusteller über die Schulter und fragen ihn mal, wieviel Minuten und Sekunden Zeit ihm bis zum nächsten Paketkunden bleiben. Auf dem Display seines mobilen Terminals ist alles mit äußerster Präzision vorgegeben. Sklavenwächter mit digitaler Peitsche. Und fragen wir doch einmal die Mitarbeiter einer Leiharbeitsfirma, wievel ihrer Leiharbeiter ihnen persönlich bekannt sind.

Unter dem Sammelbegriff „Arbeitnehmerüberlassung“ findet sich eine Reihe von Synomymen oder Spezialformen, die alle eines gemeinsam haben: Sie beschreiben eine zynische Missachtung von Menschenwürde. Nur ein Beispiel: „Personalleasing“. So wie Autoleasing. Menschen, Autos – alles nur digitale Instanzen von gewinnbringenden Produktklassen – verkäuflich und abwrackfähig.

Schule – Corona – Medien

Mit den Medien meine ich in diesem Fall das Heute-Journal im ZDF und die Art und Weise, wie deren Moderatoren das Thema anpacken. Klar, wenn von Corona und Schule die Rede ist, dann geht es zur Zeit fast ausschließlich um die Digitalisierung der Schulen; hier ist eine total offensive Einstellung der Medien zu beobachten. Dennoch gibt es noch geringfügige Unterschiede, was die Moderatoren betrifft. Während bei Claus Kleber immerhin eine leichte Unsicherheit zwischen den Zeilen mitschwingt, sind sich Christian Sievers und vor allem Marietta Slomka sicher: Je mehr Digitalisierung, desto besser; je schneller die Schulen ohne Einschränkungen digitalisiert werden, desto besser. Klar, die Schulschließungen infolge der Corona-Pandemie und die daraufhin ergriffenen Digitallösungen begünstigen eine solche Totalhaltung. Dass sich das Home-Schooling (Scheißwort) nur als Ersatz herausgestellt hat, wird bei dieser Sichtweise als Hinweis auf zu wenig Digitalisierung verstanden. Die Einsicht, dass digitalisierter Schulbetrieb strukturell nicht mehr als Ersatz sein kann, ist weitgehend versperrt.

Vor kurzem gab es gleich zwei ausführliche Berichte in einer Heute-Sendung, von M. Slomka mit der zwar verdeckten, aber dennoch eindeutigen Forderung vorgestellt, die Digitalisierung nun doch bitte voranzutreiben. Und der Blick in die vorgestellten (ausgesuchten!) Schulen war durchaus geeignet, die Haltung der Moderatorin zu bekräftigen. Junge Lehrer, natürlich modern eingestellt, die kraftvoll und innovativ nach neuen Wegen des Lernens suchen und diese – natürlich – im Digitalmodus finden. Ganzheitliche Unterrichtsmethoden wie das Lernen mit Hilfe des Internets, begleitet und unterbrochen von körperlichen Bewegungen im Klassenraum. Unterrichtsfach: Biologie. Geht’s noch besser? Und die befragten Kinder erklären – natürlich -, dass ihnen das Lernen mit Computern Spaß macht. Also ein mächtiges Plädoyer für die digitale Ausrichtung der Schulen. Jedenfalls kommen die Beiträge so rüber, und ich unterstelle mal, dass sie so auch von Frau Slomka intendiert sind.

Interessant war auch Slomkas Einleitung zu diesem Teil des Journals. Natürlich beklagte sie – wieder einmal – die Lücken im Mobilfunk, überhaupt das viel zu langsame Internet in Deutschland. Deutschland als digitales Entwicklungsland. Vielleicht ist das eine Sache des persönlichen Erlebens. Ich habe einige Male in meinem Leben Mobilfunklücken erlebt, aber nie als tragisch empfunden, weil es immer andere Lösungen gab. Also nicht der Rede wert. Über ein zu langsames Internet habe ich ebenfalls schon gestöhnt, aber da ging es um 4 MBit/s. Mit 8 oder 10  wäre ich ohne weiteres zufrieden gewesen. Na ja, dann kamen die Glasfaserleute, und ich habe nun das Gefühl, mit einem Auto durch die Gegend zu fahren, das 300 km/h auf die Straße bringt, wobei aber nur maximal Tempo 50 möglich und notwendig ist. Andere Zeitgenossen denken und fühlen anders; für sie sind schon 50 MBit/s inzwischen zu langsam. Ich frage mich, was die alles mit dem Internet machen. So eine Art digitale Völlerei?

Egal, zurück in die Schule. Der Beitrag im Heute-Journal wäre überzeugender gewesen, wenn auch Lehrerinnen und Lehrer, die der Digitalisierung distanzierter gegenüberstehen und die nicht pauschal als lernunfähig oder lernunwillig in die Ecke gestellt werden, zu Wort gekommen wären. Vielleicht wäre dann deutlich geworden, dass die ganzheitlichen Konzepte keine Erfindung der Digitalzeit sind, denn das bewegungsunterstütze Lernen hat ganz bestimmt nichts mit Computern zu tun. Vielleicht wäre dann deutlich geworden, dass im Biologieunterricht kein Internet den Gang in den Wald ersetzen kann, dorthin, wo man mit analogen Methoden dem Gegenstand zu Leibe rückt. Und vielleicht wäre deutlich geworden, dass der Spaß am digitalen Lernen vor allem auf Sekundärmotivation beruht, so wie die Hersteller von Schreibgeräten auf quietschbunte Stifte setzen, damit sie gerne von Kindern in die Hand genommen werden. Pink macht sich gut.

Echte und letztlich nachhaltige, erfolgreiche Motivation basiert auf dem Interesse an der Sache selbst, und dabei spielt die digitale Ausstattung eine lächerlich nebensächliche Rolle. Und nachhaltige Bildung wird dort erzielt, wo vor allem die unmittelbaren menschlichen Beziehungen in Ordnung sind. Ein digitales Provisorium als endgültige Lösung zu kultivieren, ist mehr als fragwürdig.

Aber kann Frau Slomka das überhaupt einordnen? Schließlich ist sie eine Medienspezialisten und keine ausgebildete Pädagogin (falls doch, bitte ich in aller Form um Entschuldigung). Sie ist überaus erfolgreich, wenn es darum geht,  „Zugeschaltete“ in die Enge zu treiben. Auch dieses scheint typisch für Corona-Zeiten zu sein: Viele Schuster haben Probleme, bei ihren Leisten zu bleiben, und wenn’s um Digitales geht, scheint jeder in allen Belangen mitreden zu können, zu dürfen, zu müssen (wegen Verantwortung für das Allgemeinwohl und so). Kein Wunder, schließlich vibriert in jedermanns Hosen- oder Handtasche ständig das smarte, zweite Ich.

Damit ich nicht missverstanden werde: Natürlich gehören die digitalen Strukturen in den Lehrplan der Schulen, und natürlich kann es sinnvoll sein, ab einem bestimmten Alter auch (!) mit digitalen Endgeräten zu arbeiten und damit die Methodik des Unterrichtsgeschehens zu erweitern. Alles ok, aber die Corona-Krise zum Anlass zu nehmen, um die Digitalisierung der Schulen zu einer existentiellen Frage hochzuschaukeln, das ist einfach nur unsachgemäß, um nicht zu sagen: blöd.

Facebook und der sture Mark

Twitter ist drauf und dran, sich ein sauberes Mäntelchen überzustreifen. Damit will ich nicht sagen, dass Twitter auf einmal geläutert ist, aber es macht sich ganz gut, wenn man nun Beiträge mit Fake-News oder sonstigen groben Verfehlungen löscht. Und wenn man dabei den Donald, diesen ungehobelten Klotz, nicht verschont, heißa, dann kommt Sympathie auf.

Ganz anders Facebook. Der sture Mark Zuckerberg weigert sich beharrlich, die Beiträge zu werten und ggfs.zu löschen. Nicht seine Aufgabe, betont er, denn Facebook und alle eingekauften Vasallen wie Instagram, Whatsapp usw. seien keine Medienanstalten, sondern lediglich Plattformen, die nichts weiter täten als die technischen Kommunikationsmöglichkeiten bereitzustellen. Kritik an den Inhalten oder gar deren Löschung sei nicht deren Aufgabe.

Tja, was soll ich dazu sagen? Er hat recht, der gute Mark Zuckerberg. Facebook macht keine Medieninhalte, sondern ist tatsächlich nur eine Bereitstellungsplattform. So wie ein Grundstücksbesitzer, der einen Teil seines Grundes als allgemeine Parkfläche zur Verfügung stellt. Der muss ja auch nicht in jedes geparkte Auto hineinleuchten, ob da evtl. böses Zeug herumliegt. Überhaupt, was ist eigentlich böse? Was wir in Europa als schlimm empfinden, kann in Amerika als Teil amerikanischen Freiheitsrechtes angesehen werden oder in China als Methode zur Festigung der „weisen“ Staatsführung.

Nee, so einfach ist das nicht mit der Beurteilung von Medieninhalten, und ausgerechnet Facebook als Zensor? Zuckerberg und seine Gesinnungsgenossen sollen entscheiden, was gut oder böse ist? Besser gar nicht erst dran denken. Da hat der Zuckerberg wirklich recht, wenn er stur darauf beharrt, die Inhalte nicht zu beurteilen.

Was natürlich nicht heißt, dass er die Inhalte unbeachtet lässt, und jetzt wird’s verdammt zwiespältig. Die Inhalte sind ja wertvolle Datenspender, und die Daten heimst sich Facebook gerne ein. Sie bringen ja das Geld und auf Dauer eine nicht mehr zu bremsende Macht – weltweit.

Wenn also Zuckerberg treuherzig beteuert, es gehe ihm bei Facebook ausschließlich um die Unterstützung der weltweiten Kommunikation und nicht um die Bewertung einzelner Inhalte, dann ist das eine Lüge. Es geht Facebook vor allem um den Verkehr auf den Plattformen. Je mehr davon, desto besser fürs Geschäft und vor allem für die angestrebte Position als mächtigster Player in der Welt. Die geplante Einführung einer eigenen Währung sollte Warnung sein. Und da Hassbeiträge, Verschwörungsgedanken und Lügen den stärksten Verkehr erzeugen (signifikant!), würde Facebook sich durch ein Löschen solcher Beiträge nur selbst schädigen.

Aber es gibt noch etwas, und dabei kann sich Zuckerberg nicht rausreden. Wenn er aus gutem (vorgeschobenen) Grund die Inhalte schon selbst nicht anrührt, dann muss er auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Plattform alle erderlichen Mechanismen bietet, damit von autorisierter Stelle bei Bedarf gelöscht oder strafrechtlich sanktioniert werden kann. Diese Mechanismen gibt es nicht. Und er muss andererseits dafür sorgen, dass die Plattform keine Mechanismen enthält, die üble Beiträge bevorzugt verbreitet. Der Like-Button ist so ein zerstörerischer Mechanismus.

Also, auf den ersten Blick scheint Zuckerberg recht zu haben, aber wenn man etwas genauer hinschaut …

P.S.: Irgendwo hab‘ ich mal gelesen, dass Mark Z. sehr gut mit Donald Tr. kann – und umgekehrt. Ja, umgekehrt ist es durchaus verständlich, denn Trumpi hat seinen Wahlerfolg u.a. dem Gerasssel auf Facebook & Co. zu verdanken.  Da kommt natürlich gegenseitige Sympathie auf. Kann aber auch sein, dass, ich einer Scheißhausparole aufgesessen bin. Vielleicht hat derjenige, der über die gegenseitige Zuneigung berichtet, seine Informationen auf Facebook oder Konsorten bezogen. Das würde einiges erklären.

 

Woran liegt es?

Wieder ein Artikel in unserer Tageszeitung, und erneut wird festgestellt, dass das Home-Schooling (Scheißwort) ziemlich erfolglos war. Und klar, die Ursache ist ebenfalls bekannt, es ist jener Mangel, der heutzutage für fast alle gesellschaftlichen Misserfolge bemüht wird: es wird nicht genügend digitalisiert, es stehen für die Digitalisierung nicht hinreichend Mittel bereit, die Leute habe noch nicht das nötige Know-how, um die digitalen Instrumente zu bedienen usw. Sind ja bekannt, diese Argumente; einigen Politkern und Medienvertretern laufen sie aus den Mundwinkeln heraus, und das Jammern über zu wenig Digitalisierung in Deutschland ist wie das Reden übers Wetter.

Mein Gott, ich bin fassungslos vor Staunen darüber, dass es die Menschheit ohne Digitalisierung überhaupt bis heute schaffen konnte. Vielleicht war’s auch kein richtiges Leben in der vordigitalen Zeit, vielleicht waren die Jahrtausende nur eine Zeit der Vorbereitung auf die wahre Epoche der Menschheit, auf die neue Welt des Big Data.

Ironie beiseite: Ist eigentlich schon mal jemand auf den Gedanken gekommen, dass die Bildungsdefizite beim Home-Schooling (Mistwort) nicht auf den Mangel an Digitalisierung zurückzuführen sind, sondern ganz einfach darauf, dass sich bildungsorientierter Schulbetrieb nicht ohne weiteres digitalisieren lässt? Nur so ein Gedanke, könnte ja sein, wenn man bedenkt, dass man es in der Schule mit Menschen zu tun hat – junge Menschen, die den unmittelbaren Kontakt zu Bezugspersonen und Gleichaltrigen brauchen. Kinder und Jugendliche, die motiviert werden wollen. Schüler, die einen Anspruch darauf haben, dass es jemand gibt, der ihnen ansieht, wie sie gerade drauf sind. Lernende, die ihr Können in der Gemeinschaft erproben wollen.

Aber vielleicht bin ich nur ein Spinner, der an Dingen festhält, die demnächst keine Rolle mehr spielen werden.

 

Ich platze vor Stolz

Also, was da nun seitens der Politik an Zukunftsplänen ausgebreitet wird, das lässt einen vor Stolz die Brust schwellen. Deutschland will die Nummer 1 weltweit in der Entwicklung der Wasserstofftechnologie werden. Nein, nicht die Nummer 2, es zählt nur der Sieg, die absolute, von allen andern unerreichte Weltspitze. Und es gibt noch einen zweiten Bereich, wo Deutschland nicht nur gut, sondern einfach nur Primus werden soll, nämlich in der Entwicklung der „künstlichen Intelligenz“. Besonders Anja Kaliczek hat sich in letzter für diese Art der technischen Innovation eingesetzt; es gibt nach ihrem Dafürhalten kaum einen Bereich, der nicht ganz erheblich von „künstlicher Intelligenz“ profitieren würde.

Nun ist wohl jedem klar, dass KI im absoluten Grenzbereich der Technik anzusiedeln ist. Technik, die durch nichts mehr zu überbieten ist und nach Meinung innovativ denkender Politker enormen Erfolg verspricht. Es gibt aber auch nichts, was nach Meinung des gesunden Menschenverstandes größere Gefahren und ein größeres Zerstörungspotential in sich birgt. Nun, alles eine Angelegenheit des kompetenten Vorgehens, also des Sachverstandes. Wer eine Materie wie die „künstliche Intelligenz“ beurteilen will, benötigt erxtrem viel von diesem Sachverstand. Sachverstand, der ein Gespür für die Wirkung von algorithmischen Vorgängen umfasst. Sachverstand, der ohne reichliche Programmiererfahrung kaum zu erzielen ist. Sachverstand, der nicht blindgläubig von künstlicher „Intelligenz“ ausgeht, denn Dinge können nicht intelligent sein. Ich gehe mal davon aus, dass Anja Karliczek über diese Programmiererfahrungen verfügt, was sie in meiner Achtung weiter steigen lässt.

Wie gesagt, ich platze vor Stolz, wenn ich an die zukünftige Rolle Deutschlands denke. Da schlägt doch das nationale Herz einige Takte schneller. Und die Herzfrequenz wird noch einmal erhöht, wegen der kompetenten Wissenschaftsministerin. Au wei, ich habe regelrecht Herzrasen.

Unerträglich

Tagesthemen gegen 22:30 Uhr. Natürlich ging’s auch diesmal um die Corona-Krise. Ein ausführlicher Beitrag über die allmähliche Öffnung der Schulen. Ein Beitrag, in welchem Schüler, Eltern und Lehrer deutlich machten, wie ersehnt und wichtig doch der reale Unterricht in den Schulen ist („Präsensunterricht“). Das „Homeschooling“ (Scheißwort) wurde mehr oder weniger deutlich als das entlarvt, was es ja ist: Ersatz und Notbehelf. Besser als nichts, aber nicht viel besser als nichts. Ich will’s mal so formulieren: Es ist wie eine Kerze, die man bei einem Stromausfall anzündet.

Und so war ich voll freudiger Erwartung, als Caren Miosga einen Kommentar zu dem Thema ankündigte. Endlich wird es mal deutlich auf den Punkt gebracht, hoffte ich. Und dann die kalte Dusche. Die Kommentatorin, irgendjemand aus der süddeutschen Medienszene, ermahnte, doch endlich die Digitalisierung voranzutreiben. Sie forderte insbesondere die Digitalsierung der Schulen, und zwar so, dass alle Schüler gleiche Chancen haben. Also „Endgeräte“ (ich glaube, damit waren Computer gemeint) für jedes Schulkind usw. Kennen wir ja, das ist in etwa das, was die Politiker in ihrem „Digitalpakt für Schulen“ zusammenschnürten. Die Penetranz, mit der die kommentierende Dame aus dem Süden die Digitalisierung forderte, war für mich so unerträglich, dass ich kurzerhand nach der Fernbedienung griff und die Kiste ausschaltete.

Unerträglich ist aber vor allem die Einstellung, die dieser Kommentar zum Ausdruck brachte und die leider weit verbreitet ist, vor allem unter solchen Zeitgenossen, die in Sachen Pädagogik und Didaktik eher als Laien zu betrachten sind. Wenn irgendetwas in unserer Gesellschaft nur sehr behutsam und zurückhaltend digitalisiert werden darf, dann ist es der Schulbetrieb. In Schulen geht es nicht nur ums Lernen, sondern auch (sogar vor allem) um Bildung, um Charakterstärkung, um Urteilsvermögen usw. Schule ist – bei allen menschlichen Schwächen, die dort ebenfalls zutage treten – ein lebendiger Bildungsraum, in dem das unmittelbare Miteinander unersetzlich ist. Schule ist nicht einfach übers Internet zu betreiben, und selbst das, was auf niedrigem Niveau auf digitalem Wege praktikabel ist, nämlich die reine Wissensaneignung, sollte nicht überschätzt werden. Ältere Schüler mögen einigermaßen damit zurecht kommen, aber die sind dann meistens auch imstande, sich im reinen Selbststudium weiterzubilden, ohne Digitalvernetzung.

Was mich besonders aufrüttelte, war die Forderung der Kommentatorin, die Unterschiede bei den digitalen Lernchancen durch schnelle Investitionen zu beheben (siehe oben, „Endgeräte“). Im normalen Schulbetrieb gibt es solche Ungleichheiten gar nicht, sie werden doch erst durch die Digitalisierung erzeugt. Und jetzt mal logisch gedacht, Frau Kommentatorin: Wenn es Sie stört, dass einige Schüler bessere Digitalchancen als andere haben, warum plädieren Sie dann für eine zurückhaltendere, nachhaltigere Digitalisierung der Schulen?

Natürlich gehört die Digitalisieurng in die Lehrpläne, aber dabei darf es nicht darum gehen, wie man ein Smartphone oder irgendein „Endgerät“ bedient, denn das können die Schüler bereits besser als die Lehrer. Es muss darum gehen, das Wesen der digitalen Vernetzung mit seinem Nutzen und seinen Gefahren zu begreifen und somit zu einem verantwortungsvollen Verhalten im digitalen Netz zu erziehen. Vernünftige Vorbilder gibt es ja kaum. Mütter, die einen Kinderwagen vor sich herschieben und die ganze Zeit aufs Smartphone starren; inhaltsleeres Gebrabbel, Hassbeiträge und Lügen in den sozialen Medien; Kriminalität und sexuelle Verrohung, das ist doch die Realität, die einem ständig begegnet, wenn man digital unterwegs ist. Hier müssen Bildungsziele ansetzen, denn das, was an angenehmen Wohltaten aus dem Netz herausgeholt werden kann, das haben die Schüler schon längst raus. Ihre Eltern größtenteils auch. Und jetzt in aller Deutlichkeit: Ob die angedeuteten Bildungsziele mit einem smarten Board oder mit Tafelkreide angestrebt werden, ist sowas von scheißegal.

Nee, Frau Kommentatorin, die Corona-Krise taugt nicht dazu, die Digitalisierung voranzutreiben. Sie zeigt nämlich nicht die Stärken der Digitalisierung auf, sondern ihre strukturellen Schwächen. Um das zu sehen, darf man allerdings nicht blindlings hinter Zeitströmungen herhecheln. Oder gehören Sie zu den Menschen, die bereits ihr Urteilsvermögen den digitalen Algorithmen geopfert haben? Wie so viele Leute?

Und noch eine Beobachtung: Es fällt direkt auf, dass Hinz und Kunz genau wissen, wie es in der Schule vor sich zu gehen hat. Am seltensten äußern sich diejenigen, die am ehesten für solche Einschätzungen zuständig sind, nämlich die ausgebildeten Lehrer, die noch im Schulgeschehen aktiv sind (letzterer Nebensatz wegen Abgrenzung zu politisch agierenden Vertretern der Lehrerverbände). Und wenn mal ein Lehrer zitiert wird, dann ist es einer der progressiven Digital-Befürworter, dessen persönliches Engagement besonders geschätzt wird. Die große Mehrzahl der Lehrer ist schweigsam und uinteressant für Medien und wird im allgemeinen als wenig innovativ, ja sogar lernunwillig oder lernunfähig dahingestellt. Aber sie machen ihre Arbeit meistens ordentlich oder gut, besser als jener Mathelehrer, der in einem groß angelegten Zeitungsartikel (IVZ) schwärmerisch von seinen innovativen Digitalaktionen berichtet. Er hat sogar eine pädagogische Erklärung parat: Moderne Didaktik baue vor allem auf den Erwerb von „Kompetenzen“, und dazu seien die digitalen Wege bestenst geeignet. Wahrscheinlich hat dieser tolle Lehrer gefehlt, als es im Studium um die wichtigste Kompetenz ging, ohne die nichts läuft, nämlich die Sozialkompetenz. Die lässt sich allerdings nicht ins Internet pressen oder mathematisch herleiten.

Fleisch

Nach Tabak, Alkohol, Zucker, Salz und Fett hat man ein neues Gift entdeckt: Fleisch. „Ungesund!“ warnen die Ernährungstheoretiker. „Verbrechen an den Tieren!“ rufen diejenigen, die sich auf eine hingebungsvolle Liebe zur Schöpfung einlassen. „Ekelhaft!“ empören sich diejenigen, die nicht fassen können, wie man erhitzte Tierleichen verzehren kann. „Zerstörung der Umwelt!“ kritisieren diejenigen, die ständig angstvoll beobachten, wie Kühe Methan in die Atmosphäre furzen, wie Schweine und Federvieh den Boden mit Nitrat vollscheißen und -pissen. Und jetzt noch Corona. „Eine durch und durch verwerfliche Industrie, die ganze Fleischindustrie!“ wissen wir nun alle. Wir alle, die wir zu ignorant waren, um gegen die Missstände rund um Leiharbeit und Subunternehmertum aufzubegehren. Oder – genau so schlimm – die wir einfach nicht die Zustände hinter den Kulissen beachtet haben. Immer nur das sehen, was uns vordergründig Vorteile verschafft, ansonsten Augen zu.

Aber zurück zum Fleisch. Angesichts dieser Warnungen und Belehrungen gibt es nur eine Erkenntnis: Fleisch ist vom Teufel. So richtig bewusst wird diese Tatsache aber erst, seit die Menschheit mit Feuereifer dabei ist, der konkret-biologischen Welt zu entrücken, sich auf eine digital-abstrakte Stufe, die von Messwerten und Daten kontrolliert wird, zu erheben. Da ist allerdings für mich kein Platz, denn irgendwie gibt es in mir eine unüberwindbare Sperre, mich in einen Datensatz umformen zu lassen. Und so bin ich auch resistent gegen die moralischen Ansprüche der modernen, digital-analytischen Welt, auch was die Versorgung mit Nahrungsenergie betrifft. Kurz: ich werde weiterhin Schnitzel und Würstchen mit Genuss verzehren. Jeden Tag Fleisch? Ach nee, das gab es bei uns noch nie, aber zweimal, dreimal, mitunter viermal die Woche, das empfanden und empfinden wir als wohltuend und angemessen.

Dass es Leute gibt, die zu viel Fleisch konsumieren, will ich gar nicht in Abrede stellen, denn etwas Wahres ist an den Argumenten der Fleischgegner sicherlich dran. Die Erzeuger, die Bauern, stöhnen, dass sie viel zu billig produzieren müssen, und die Käufer werden als die eigentlich Schuldigen angeklagt, weil sie nicht bereit sind, mehr für das Fleisch zu bezahlen. Wie denn? frage ich mich und habe die Anzeigetafel des Supermarktes vor Augen, auf der appetitlich rotes Fleisch in allen Preiskategorieren angeboten wird: 0,99 Euro – 1,99 Euro – 2,99 Euro – 3,99 Euro – 4,99 Euro. Vielleicht noch 7,99 Euro für einen extra großen Braten. Oder ein Sonderfall: 2,49 Euro für ein Sonderangebot, das normalerweise 2,99 Euro kosten würde. Ich habe mal versucht, 2,01 Euro mehr loszuwerden, weil mir der Preis zu gering vorkam. Das entsetzte Gesicht der netten Dame hinter der Fleischtheke war köstlich anzusehen. Na ja, wir fanden keine Möglichkeit der Verrechnung, und so blieb es bei 3,99 Euro. Wichtig: unter 4 Euro.

An der Preiskritik ist allerdings einiges dran. Fleisch ist definitiv zu billig, und wenn es das Doppelte, besser noch das Dreifache kosten würde, würden alle profitiern: die Bauern, die nicht mehr so stark auf Masssentierhaltung angewiesen wären und dennoch einen höheren Gewinn erzielten; die Tiere natürlich; die Umwelt, aus Gründen, die ich oben schon andeutete; die Verbraucher, weil die Fleischqualität steigen würde. Und weil sie zu einer bewussteren und deshalb höherwertigen Lebensweise angeleitet würden. Usw. Vorteile über Vorteile, und zwar für alle, und doch nicht durchsetzbar, weil die wahrhaft Schuldigen an den entscheidenden Schnittstellen hocken und zu mächtig sind, um auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Es sind die Handelsketten, also Rewe, Aldi, Lidl und Konsorten. Durch die Verklumpung des Lebensmittelhandels zu wenigen Kartellen hat dieser Handel enorme Macht bekommen.

Und die Ketten nutzen ihre Marktmacht brutal, nicht nur in Deutschland. Selbst aus Spanien kommen Hilferufe, weil die Landwirte unter dem Druck deutscher (!) Discounter so preiswert produzieren müssen, dass teilweise ihre Existenz bedroht ist. Im finalen Machtkampf dieser wenigen Handelsmonster ist jedes Mittel recht. Sogar gewinnbringende Symbiosen wie die Zusammenarbeit mit dem Bäcker am Eingang werden brutal zerstört, indem man Backautomaten im Supermarkt in Betrieb nimmt. Müssen doch wegzukriegen sein, die lästigen Konkurrenten unter gleichem Dach, oder? Die Machtgier der Handelsketten walzt alles platt, was nur irgendwie hinderlich sein könnte, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne gesellschaftliche Skrupel, ohne marktwirtschaftlichen Ehrencodex.

Aber wenn wir uns schon auf die Suche nach Schuldigen begeben, müssen wir noch einen Schritt weiter hinter die Kulissen schauen. Die Handelsketten? Sicher, sie agieren zerstörerisch und rücksichtslos. Aber kann man, um eine Parallele zu bemühen, einen Tiger zur Verantwortung ziehen, wenn man seine Gehegetür im Zoo öffnet und einfach nur beobachtet, wie sich das Tier fortan von Streichelzoo-Ziegen und Tierpflegern ernährt? Meine Güte, die perversen Fleischpreise sind doch nur ein Hinweis (von vielen), dass die gesamte Wirtschaft, der gesamte Handel etliche Faulstellen aufweist. Nein, Herr Lindner, die Wirschaft richtet es nicht, sie gehört an die Leine genommen. Und die Aussage, dass ein Privatunternehmen im Vergleich etwa zum Staat der bessere Wirtschafter ist, gilt nur, wenn man ausschließĺich den Gewinn, angeheizt durch gigantische Manager-Gehälter und Boni, im Auge hat. Selbst das Argument, dass die Wirtschaft ja Arbeitsplätze bereitstellt, ist nur formal zutreffend: Diejenigen, die dieses Argument gebetsmühlenartig anbringen, denken nicht an die Mitarbeiter, sondern reduzieren sie auf ihre Arbeitskraft, austauschbar und gewinnbringend. Und damit sind wir wieder bei der Fleischindustrie. Auch das Übel schließt sich zu einem wirkungsvollen Funktionskreis.

 

Ach ja, die Cookies

An und für sich wäre dieses digitale Kleingebäck nicht so bedeutungsvoll, dass ich ihm einen Beitrag widmen würde, wenn da nicht das Urteil des BGH wäre, demzufolge Cookies nur bei aktiver Zustimmung des Benutzers erlaubt sind. Grundsätzlich gut so, obwohl diese ständig aufpoppenden, um Zustimmung heischenden Banner einfach nur nerven. Und jetzt noch die Forderung, dass es keine Zustimmung in der Voreinstellung geben darf, was die Sache noch ein wenig lästiger macht.

Doch wozu überhaupt diese Cookies? Erfunden wurden sie schon in der Anfangszeit des Internets, um bei wiederholtem Anwählen einer Internetseite dem Betreiber anzudeuten: „Hallo, ich war schon mal bei dir. Komm direkt zur Sache.“ Klar, dass es fast auschließlich um den Online-Handel geht. Und da die Cookies auf dem heimischen Rechner installiert werden und vom Benutzer jederzeit gelöscht werden können, hält sich die Missbrauchsgefahr in Grenzen.

Allerdings gibt es da noch eine blöde Nebenwirkung. Im stillen Zusammenwirken mit dem Onlinehändler können Werbefirmen die Cookies auswerten und gezielte, personalisierte Werbung platzieren, auf allen möglichen Internetseiten, deren Betreiber wiederum daran verdienen. Besonderer Service? Oder Nebensächlichkeit? Ich denke, auch wenn sich der Schaden in Grenzen hält, ist es ein arger Datenmissbrauch, denn personalisierte, individuelle Werbung kann nur auf Grund von Daten erfolgen, die Bestandteil von persönlichen Profilen sind. Diese Profilierung ist alles andere als eine Bagatelle, es ist ein Verstoß gegen das grundgesetzlich zugestandene Recht auf informationelle Selbstbestimmung. So einfach, so klar, auch wenn die Politik zögert, dieses Grundrecht durchzusetzen.

Von den Auswirkungen her also keine große Sache, Im Kern jedoch ungesetzlich und verwerflich. Nein, nicht die Cookies, sondern deren missbräuchliche Verwendung. Seitdem die Verwendung von Cookies zumindest angezeigt werden muss, wundern sich wahrscheinlich viele Leute (ich auch), welche Internetseiten Cookies verwenden. Fast alle kommerziellen Seiten machen Gebrauch davon, und bei den meisten Internetpräsentationen ist nicht ersichtlich, wozu die Cookies überhaupt gut sein sollen. Werden sie von den Webseitenadministratoren automatisch einprogrammiert? Vielleicht auch das, aber ich denke, dahinter steckt eine enorme Datenindustrie, die mit den kleinen Plätzchen eine Menge anzustellen weiß – und es auch tut. Und sich nicht lumpen lässt. Natürlich unbemerkt im Hintergrund.

Es gibt noch einen anderen Grund, warum ich dieses mickrige, aber nährstoffreiche Digitalgebäck thematisiere. Es ist die Haltung des Branchenverbandes Bitkom, die mich regelrecht aufschreckte. So äußert sich zum Beispiel Dr. Bernhard Rohleder, Geschäftsführer der Bitkom:

„Neben den hohen Auflagen der Datenschutz-Grundverordnung müssen die Betreiber von Webseiten jetzt zusätzliche Prozesse und Formulare für ihre Web-Angebote einführen, um Cookies auch künftig nutzen zu dürfen. Alle Cookies, die als nicht unbedingt erforderlich gelten, dürfen jetzt nur noch mit aktiver Einwilligung gesetzt werden.“

Also, Herr Dr. Rohleder, wo ist eigentlich das Problem? Natürlich nervt es sowohl die Internetnutzer (an die ich denke) als auch die Internetindustrie (an die Sie denken). Es gibt aber eine verblüffend einfache Lösung: Lasst doch alle Cookies weg, die als nicht unbedingt erforderlich gelten. Dass Sie so sehr auf das Recht auf Cookie-Nutzung pochen, lässt ein gewisses Geschmäckle aufkommen. Sollten Sie etwa …

Stinkende Fleischwirtschaft

Mit der Fleischwirtschaft ist einiges nicht in Ordnung. Nein, vieles ist nicht in Ordnung. Nein, es ist nur wenig in Ordnung. Eigentlich nichts.

Massentierhaltung, zu viel Fleischverzehr wegen skandalös niedriger Preise,   Umweltbelastung durch Wasserverbrauch, Nitratverseuchung, Methan in der Atmosphäre. Missstände in den Schlachtereien, skandalöse Tiertransporte usw., und nun hat Corona auch noch offengelegt, dass über Leiharbeitsfirmen oder Subunternehmer moderne Sklaverei betrieben wird. Kein Wunder, denn die Deutschen sind sich zu schade, um stundenlang totes Fleisch zu zersägen, um Gedärme in große Behälter zu werfen, massenweise. Fiese Arbeit, gute Gelegenheit für Rumänen oder Bulgaren, sich und ihre Familien zu ernähren, Geld zu verdienen, weniger als die Deutschen, mehr als die anderen in den Heimatländern.

Einige (auch Politiker) halten die Leiharbeit für unverzichtbar. Wie sollen die Fleischfabriken dennn sonst an die Arbeitskraft kommen? Wohlgemerkt, die Leiharbeitsfirmen vermittteln Arbeitskraft, keine Mitarbeiter. Arbeitskraft, die austauschbar ist, wie Ware gehandelt werden kann, über einen Zwischenhandel, der ebenfalls gut daran verdient. Vermietung von Menschen, mit allem Drum und Dran, so dass die eigentlichen Unternehmer die Arbeitskraft nur noch konsumieren und ansonsten aus dem Verantwortungsschneider sind. Wie gesagt, moderne Skaverei.

Ist es nicht zynisch, wenn ausgerechnet ein Virus die Misstände aufdecken muss? Sicher, die Fleischfabriken weisen darauf hin, dass sie nicht die einzigen sind, die im großen Maße von Leiharbeit profitieren. Das stimmt natürlich. Aber wo sonst gibt es vergleichbare Missstände? Einfach mal umschauen und überlegen, wo es Arbeit gibt, die man den „wertvollen“, übersättigten Deutschen nicht zumuten kann. Wobei ich allerdings davor warnen möchte, pauschal alle Erntehelfer in den Fokus zu rücken. Viele Erntehelfer, ich glaube sogar, die meisten, haben eine enge, direkte Beziehung zum landwirtschaftlichen Betrieb und sind zum Teil sogar regelrechte Spezialisten. Wie sagte ein Spargelbauer in unserer Gegend, bevor die Spargelernte einsetzte: „Es wird Zeit, dass Igor wieder kommen kann (Reisebeschränkungen wegen Corona), der weiß am besten, wie wir das in diesem Jahr hinkriegen können.“ – Mitarbeiter und keine unpersönliche Arbeitskraft, darauf kommt es an.